Giftzwerg im Garten


Fliegenpilz, Giftpilz, Pilz, Waldboden
Fliegenpilz, Königs Wusterhausen/D ©Stefan Anker

Moment mal, der war gestern noch nicht da, oder? Jedenfalls haben wir jetzt eine kleine Fliegenpilzkolonie im Garten, und soweit ich weiß, hatten wir so etwas noch nie. Klar, dass ich den Beeindruckendsten unter den giftigen Gesellen fotografieren musste, obwohl ich genau das nie tun wollte.

Gewiss, die Kunst ist frei, und man kann sich auf alles Mögliche spezialisieren, aber wenn ich höre, jemand sei spezialisiert auf Pilzfotografie (ja, das gibt es tatsächlich), dann denke ich immer: Ach. So schön sind die Dinger nun auch wieder nicht. Und sie tragen ja auch nicht umsonst Namen wie Stinkmorchel oder so.

Aber der Fliegenpilz, den fand ich dann doch irgendwie lecker (nein, nicht zum Essen), und weil es auch regnete, glänzte sein rot-weißes Kleid so schön, und ich wollte ja meine neue Kamera auch mal mit richtigen Bildern ausprobieren, nicht so technoid wie gestern.

Aber ihre besonderen Eigenschaften kamen mir auch beim Fliegenpilz zugute, denn ich wollte ja wieder meine bevorzugte Augenhöhe-Perspektive einnehmen, hatte aber wenig Lust, mich bäuchlings auf den nassen Boden zu legen. Also klaubte ich zwei alte Zeitungen aus der Altpapiertonne, legte sie aus und kniete mich drauf. Nun noch den Oberkörper samt Kamera soweit zur Seite biegen, dass das Weitwinkelobjektiv den Pilz direkt ansieht und nicht von schräg oben.

Das sah sicher elegant und sportlich aus, aber vor allem war es eine zittrige Angelegenheit, weshalb ich einen hohen ISO-Wert für die Lichtempfindlichkeit des Sensors einstellte, um mit kurzer Belichtungszeit arbeiten zu können. In Zahlen: ISO 1600, 1/200 Sekunde.

Zwar habe ich später in der Bildbearbeitung noch leicht entrauscht, aber da muss man schon sehr genau hinsehen, um den Unterschied zwischen Original und Bearbeitung zu sehen – ich bin wirklich begeistert vom Rauschverhalten (besser: Nichtrauschverhalten) des neuen Sensors.

Zum Bildaufbau ist ansonsten zu sagen, dass der Schirm des Pilzes genau auf dem Kreuzungspunkt zweier Linien des Goldenen Schnittes liegt. Nach Drittelregel  beschnitten, hätte dem Bild der sehr attraktive Waldboden gefehlt, durch den der Pilz vor kurzer Zeit erst hindurchgebrochen sein muss.

Ich habe dann noch einen Radialfilter um den Pilzschirm gelegt, um dort eine Spur mehr Licht und in der Umgebung entsprechend weniger Licht zu haben (echte Pilzfotografen stellen teils mehrere Blitze auf und lassen sie durch die Lamellen leuchten, da gibt es tolle Tricks). Außerdem habe ich den Hintergrund mit einem Verlaufsfilter etwas abgedunkelt und etwas entsättigt.

In Sachen Tiefenschärfe war ich beim Fotografieren nicht ganz sicher und habe von jedem Bild drei Versionen gemacht: Blende 2, Blende 2.8 und Blende 4, scharfgestellt war immer auf die Kante des Pilzschirms. Am Ende habe ich mich für die Version mit Blende 4 entschieden, weil so der Hintergrund immer noch schön verläuft, aber wenigstens das erste Drittel des Schirms scharf ist und auch die Konturen des Stiels erkennbar werden. Und der Waldboden zeigt mit Blende 4 auch sehr schön seine Struktur.

Am Ende hat mir das Bild richtig gut gefallen – aber zwei der großen P der Fotografie, Pilze und Planespotting, die sind auf Dauer trotzdem nichts für mich.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

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