Dies ist kein Selfie


Stefan Anker, Fotograf, Potsdam, 24 Tours du Pont, Auto-Fotograf
Auto-Fotograf Stefan Anker, Potsdam/D                    ©Andreas Krone

Achtung, Ausnahme! Zum zweiten Mal während des laufenden Projektes 366 habe ich mein Foto des Tages nicht selbst gemacht, sondern jemand anders gebeten. Beide Male mit gutem Grund, heute sogar mit sehr gutem.

Auf dem Foto bin ich nämlich selbst zu sehen, habe das aber selbst nicht fotografiert.  Zwar ist mir die Kulturtechnik des Selfies bekannt, doch halte ich davon größtmöglichen Abstand. Nur um es mal zu sagen: Selfies können einen historischen Wert haben (Merkel mit Flüchtlingen, Merkel mit Nationalspielern und andere wichtige Motive), aber niemals einen fotografischen. So.

Darum habe ich meinen Freund Andreas Krone (hier geht es zu seiner Homepage) gebeten, ein Bild von mir als Aussteller bei der Oldtimerveranstaltung 24 Tours du Pont zu machen. Andreas gehörte zu den offiziellen Event-Fotografen und hat mir freundlicherweise geholfen, vielen Dank dafür.

Ich wollte dieses Foto, weil ich heute mal nicht über Bildgestaltung und Bildbearbeitung sprechen möchte, sondern über das Geschäft des Fotografen. Auto-Bilder mache ich schon lange, das habe ich schon getan, als von professioneller Fotografie noch nicht die Rede war. Zu vielen Autotests, Autorennen oder Oldtimerrallyes hatte ich die Kamera mitgenommen, und dann war oft eben nicht nur der Text von mir, sondern die jeweilige Zeitung hat ganz gern auch die Fotos genommen.

Inzwischen bin ich kein angestellter Motorjournalist mehr, sondern als Fotograf und Autor freiberuflich tätig, und wie jeder Selbstständige brauche ich Kunden. Also dachte ich, es wäre eine gute Idee, auf einer zweitägigen Oldtimerveranstaltung in Potsdam mit Tausenden Besuchern einen Stand zu haben, dort meine besten Bilder in DIN A2 aufzuhängen und mich bekannt zu machen.

Dafür habe ich meinen Urlaub unterbrochen, 2000 Euro in einen Top-Drucker samt Tinte und Papier investiert und zum offiziellen Veranstaltungsmagazin kostenlos Texte und Fotos beigesteuert – darum habe ich dann keine Standmiete zahlen müssen.

Und wer jetzt auf die Pointe wartet: Es gibt keine, es war kein totaler Flop, auch wenn ich keinen einzigen Auftrag erhalten habe.

Denn so funktioniert es nicht mit der Selbstständigkeit. Man kann sich nicht hinstellen, ein paar nette Bilder zeigen und glauben, alles Weitere ergebe sich schon. Aber man kann da sein, mit interessanten Menschen ins Gespräch kommen und – zeigen, wer man ist.

Die Leute wollen ja nicht nur gute Fotos. Sie müssen dazu notwendigerweise auch recht eng mit dem Fotografen zusammenarbeiten, und da ist es zumindest für mich Gold wert, wenn sie mich vorher persönlich kennen lernen können. Schöne Gespräche haben sich am Stand ergeben, über Fotografie, über Autos, über meine Arbeitsweise. Solche Kontakte sind mir extrem viel wert, gerade weil ich eine Ware anbiete, die nicht jeden Tag in der gleichen Form hergestellt werden kann wie ein Industrieprodukt.

Mein Fazit ist also, dass es tatsächlich eine gute Idee war, mich in Potsdam bei den Oldtimerbesitzern und -Fans zu präsentieren. Ich habe vielleicht nur 20 belastbare Kontakte geknüpft, aber was wäre denn die Alternative gewesen? Null Kontakte.

Da ich schon früher mal zwölf Jahre lang selbstständig war (als Journalist), kenne ich natürlich auch ein paar Regeln. Eine lautet: Kontakte zahlen nicht deine Miete. Die zweite lautet: Wenn jemand sagt, er will mit dir arbeiten, bedeutet das nicht, dass er es auch tut. Und die dritte geht so: Ein Auftrag ist großartig, noch großartiger ist der Eingang der Rechnungssumme auf deinem Konto.

Was ich damit sagen will: Ich bin nicht naiv. Ich schwebe nicht auf Wolke sieben, weil ich mit Leuten geredet habe. Ich glaube nicht, dass alles gut wird, weil Menschen freundlich zu mir waren.

Aber diese Kontakte sind die Basis für alles andere. Ohne sie kann nichts beginnen. Deshalb stört es mich überhaupt nicht, wenn aus zehn netten Gesprächen nur ein einziges Geschäft wird. Weil die Alternative eben ist (siehe oben): kein Geschäft.

Mein Glas bleibt daher halbvoll, wie es das immer schon war. Und ich überlege ernsthaft, Anfang Oktober auf einer Oldtimermesse in Berlin wieder auszustellen.

Denn nur wer mich kennt, kann mich auch buchen.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

4 Kommentare zu „Dies ist kein Selfie

  1. Ich war auch da und habe fotografiert, unter Berücksichtigung einiger der tollen Tipps aus dem Blog hier. Ich habe auch den Stand gesehen, kannte aber das Gesicht dahinter nicht, so dass ich aufgrund meiner recht kurzen Verweildauer bei dem Oldtimer-Event nicht ins Gespräch kam. Beim nächsten Mal bestimmt! 😉 Ein paar Fotos werde ich noch auf meinem Foto-Kunst-Blog zusammenstellen, den Link dazu dann später. 🙂

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    1. Mensch, David, das wäre doch nett gewesen, sich da persönlich zu treffen. Nächstes Mal schreibe ich auch noch meinen Namen an den Stand – und vielleicht bin ich vom 6.-9.10. bei der Motorworld Classics in Berlin. Ich freue mich jedenfalls schon auf den Link zu Deinen Bildern.

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  2. Da gibt es nicht viel hinzuzufügen, außer das Du Recht hast! Kontakte, nicht persönlicher Art bringen einen so gut wie nicht weiter. Es wird zwar viel erzählt und versprochen, aber die Ausbeute daraus liegt bei fast null. Leider habe ich diese Erfahrungen auch schon gemacht.

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