Menschen bei der Arbeit – das ist, was ich am liebsten fotografiere. Und wenn diese Arbeit Rockmusik ist, dann mache ich das besonders gern. Umso mehr freue ich mich darauf, von übermorgen an mit der Band Subway to Sally auf ihre „Eisheilige Nacht“-Tour zu gehen und dort mit der Kamera so dicht wie möglich am Geschehen auf und vor allem hinter der Bühne sein zu können.
Ist es nicht immer schön, wenn man Leute trifft, die anders sind, als man denkt? Okay, wie Lina van de Mars so sein könnte, weiß man seit der Sendung „Der Checker“, aber normalerweise würde man von einer 37-jährigen Frau kaum erwarten, dass sie mit einem alten Jeep Cherokee in die Werkstatt rollt und sich an den Wechsel von Bremsscheiben und -belägen macht. Aber Lina ist eben tatsächlich Kfz-Mechanikerin (und Mechatronikerin noch dazu), und sie schraubt darum wirklich selbst. Obwohl das Foto eigentlich das Gegenteil nahelegt.
Eine meiner wichtigsten Regeln lautet: Fotografiere Menschen nicht von hinten. Aber wie alle Regeln darf auch sie gebrochen werden, und umso eher ist das erlaubt, wenn ich die Regel selbst aufgestellt habe. Also: Wer wandert, darf, soll und muss auch von hinten fotografiert werden, denn diese Perspektive symbolisiert den Aufbruch, der mit jeder Wanderung verbunden ist. Und natürlich gibt es auch noch einen ganz pragmatischen Grund für den Regelverstoß.
Ja, der Flügeltürer, er bewegt die Menschen seit 62 Jahren, und obwohl so wenige davon gebaut wurden (1400 Stück), sieht man den Mercedes 300 SL bei praktisch jeder Oldtimerveranstaltung. Dieses Foto hier stammt von der Motor World Classics in Berlin, wo man mich auch treffen kann (morgen, Sonnabend, von 10-17 Uhr, Sonntag bis 18 Uhr). Ich warte in Halle 18 der Berliner Messehallen auf Kundschaft, als Gast auf dem Stand der Garage du Pont, und in unserem Rücken befindet sich HK-Engineering. Dort habe ich mit dem Berliner Niederlassungsleiter über die Autos am Stand gesprochen und würde jetzt gern wissen, ob der ältere Herr, der so interessiert auf einen 300 SL blickt, ahnt, was diese Autos heute kosten.
Eine beliebte Frage: Was ist ein Porträt? Nur das Gesicht? Oder der Mensch in seiner Arbeitsumgebung? In irgendeiner Umgebung? Und muss er dann nicht wenigstens absichtlich in die Kamera sehen? Oder sich wenigstens der Tatsache bewusst sein, dass er fotografiert wird? Meine Antwort darauf lautet: Die Kunst ist frei.
Ich hätte dieses Foto auch weniger kompliziert nennen können: Porträt 2.0 zum Beispiel. Es ist nämlich, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, ein Porträt. Allerdings eins mit einem kleinen Haken.
Zuerst habe ich mich geärgert. Als ich nach einem Termin in Potsdam noch zur Glienicker Brücke ging, um dort in der Gegend mein Foto des Tages fürs Projekt 366 zu machen, da schimpfte ich mit mir, dass ich nur das 24-105-Millimeter-Objektiv mitgenommen hatte. Das recht weit entfernte Schloss Babelsberg sah nämlich mit 105 Millimeter Brennweite auf meinen ersten Bildern etwas verloren aus, aber dann fiel mir doch noch etwas ein, um die Situation zu retten. Genauer gesagt, waren es drei Dinge.
Menschen bei der Arbeit sind immer ein schönes Motiv, das gilt im Besonderen für Handwerker. Also habe ich heute den Schornsteinfeger gefragt, ob ich ihm oben auf dem Dach ein bisschen mit der Kamera zusehen darf. Das durfte ich – und ich habe dabei auch erfahren, warum man sagt, dass Schornsteinfeger Glück bringen.
Oh weh, das ist bestimmt die falsche Überschrift. Denn es kann sich ja niemand anmaßen zu sagen, wie genau ein Porträt gemacht werden muss. Dazu gibt es einfach viel zu viele Darstellungsformen, die sich ein Mensch für einen anderen einfallen lassen kann. Aber vielleicht erzähle ich mal, wie ein Porträt sein sollte, wenn man sich nicht extra zu einem großen Fotoshooting verabredet hat und den Menschen, um den es geht, auch nicht schon länger kennt. Wie man also mit eher knappem Zeitbudget ein vorzeigbares Ergebnis erzielt.
Wegen des großen Erfolges: Schon wieder eine Sehenswürdigkeit, schon wieder ein fotografierendes Pärchen. Ja, wenn es so einfach wäre. Das Foto von gestern war Zufall, zwischen zwei Terminen bin ich am Berliner Dom vorbeigefahren und habe mir dort einfach die Zeit genommen. Heute hingegen wusste ich, dass ich am Abend in Dresden sein würde und hatte mir die Nachtaufnahme fest vorgenommen. Nur eine Sache konnte ich nicht ahnen.