Homeward bound


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Abfluggate A18 im Flughafen London-Heathrow, London/GB                    ©Stefan Anker

Ich bin zwar viel unterwegs, aber ansonsten bin ich ganz normal: Ich freue mich, heute Abend meine Frau wieder zu sehen (wenn sie von der Arbeit kommt, denn inzwischen bin ich zu Hause), und ich habe aus Südafrika ein Souvenir für meinen Enkel mitgebracht. Für das Foto des Tages musste wieder mal ein Stück Flughafen herhalten, weil ich jetzt am Nachmittag noch zu arbeiten habe. Aber mir ist zu meinem heutigen Foto dennoch etwas eingefallen, das sich zu erzählen lohnt.

Auf dem Rückflug von Kapstadt nach London habe ich angefangen in dem E-Book „Seelenraub“ des bekannten Street-Fotografen Thomas Leuthard zu lesen. Das kann man sich kostenlos hier herunterladen, es ist bestückt mit beeindruckenden Street-Fotografien, und der 2013 entstandene Text ist sehr lehrreich, gleichzeitig aber auch irritierend. Wenn ich alles recht verstehe, hat außer Leuthard selbst kaum noch jemand das Talent, anständig fotografisch zu sehen. Er schreibt zum Beispiel, dass er aufgehört habe, Workshops zu geben, weil die meisten Leute sowieso nicht verstünden, was er meine. Leuthards Selbstbewusstsein wird zwar durch die Qualität seiner Bilder mehr als gestützt, aber ich an seiner Stelle würde das dennoch nicht so heraushängen lassen.

Warum mir das ausgerechnet bei diesem Bild von einem Abfluggate in London-Heathrow einfällt? Weil Leuthard sich in diesem E-Book auch sehr dezidiert gegen das Bearbeiten von Bildern ausgesprochen hat, vor allem gegen das nachträgliche Beschneiden. Man müsse in der Lage sein, die Szene, die man auf dem Foto haben wolle, auch genau so zu fotografieren und am Ende höchstens noch den Horizont gerade rücken oder das Format ändern, etwa in 1:1 oder 16:9. Im Grundsatz bin ich da mit ihm einig, schon weil man durch zu harten Beschnitt viel Bildqualität und vor allem die Chance auf einen prachtvollen Ausdruck in A3 und größer verliert. Ich habe hier dennoch absichtlich ein bisschen zu großräumig fotografiert und am Ende etwas mehr als 25 Prozent weggeschnitten. Das Foto ist jetzt nicht mehr 5616×3744 Pixel groß (21 MP), was meine Kamera hergäbe, sondern nur noch 4811×3207 Pixel, was 15,4 Megapixel entspricht.

Warum? Ich wollte, dass die untere Reihe der Deckengestaltung exakt parallel zum unteren Bildrand verläuft und gleichzeitig die linke obere Ecke der Anzeigetafel auf der linken senkrechten Drittellinie liegt. Selbst wenn ich eine Mattscheibe mit Drittellinien in der Kamera hätte: Das hätte ich beim Über-Kopf-Fotografieren nicht hinbekommen, ohne vor Schwindel umzukippen, fürchte ich. Daher habe ich zwar auf beide Stellen, die mir wichtig waren, geachtet, aber gleichzeitig etwas Spielraum zum Beschneiden gelassen. Wenn ich mit dem Ziel fotografiere, die Bilder auch zu verkaufen, gehe ich übrigens nie unter eine Auflösung von 4500×3000 – daraus kann man nämlich immer noch propere A3-Ausdrucke machen oder Doppelseiten in Zeitschriften. Für alles darüber hinaus ist mir die Interpolier-Funktion in Photoshop empfohlen worden, die ich allerdings noch nicht selbst nutzen musste.

Da sich die Leuthard-Fraktion spätestens hier mit Grausen abwendet, kann ich auch erzählen, dass ich selbstverständlich noch andere Korrekturen in dem Foto gemacht habe. Die Schwarzwerte sind z.B. deutlich abgesenkt, weil sonst die eigentliche Decke des Raumes deutlich zu erkennen gewesen wäre und von den kreisförmigen Gebilden der Deckenverkleidung abgelenkt hätte. Kontrast und Sättigung sind erhöht, damit das Bild mehr Punch hat. Und der große angeschnittene Kreis rechts oben hat leider von irgendwoher anderes Licht bekommen als der Rest – im Original ist er gelblich, darum habe ich ihm seinen eigenen Weißabgleich gegeben, damit er ebenso bläulich wirkt wie alles andere.

Aber vielleicht bin ich am Ende doch mit Leuthard einig (auch wenn er mir in Sachen Street Photography meilenweit voraus ist): Ich habe exakt das Bild erhalten, das ich gesehen habe.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

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