
Haben sie es tatsächlich geschafft: Noch vor dem Berliner Flughafen BER wird am 11. Januar 2017 die Hamburger Elbphilharmonie ihren Betrieb aufnehmen. Ich hatte heute in Hamburg zu tun und habe mir einen fotografischen Blick auf das gegönnt, was entstehen kann, wenn man sich neun Jahre Zeit nimmt – die etwas unwirkliche Nachbearbeitung ist dabei meine Reaktion auf die ebenso unwirkliche Geldsumme, die hier ausgegeben worden ist.
789 Millionen Euro, sagt Wikipedia, und selbst wenn das nicht auf Heller und Pfennig stimmt, kann man doch von einer gewaltigen Kostensteigerung sprechen – anfangs waren 77 Millionen Euro veranschlagt worden.
Wer ein Problem mit so großen Summen hat (kann ich verstehen), der kann das Ganze auch auf Ticketpreise herunterbrechen. Nehmen wir an, eine Konzertkarte kostet im Durchschnitt 100 Euro, und Großer Saal (2100 Plätze) sowie Kammermusiksaal (550 Plätze) wären täglich einmal ausverkauft. Das ergäbe dann eine Einnahme von 265.000 Euro pro Tag, und nach 2977 ausverkauften Tagen (gut acht Jahren) wären 789 Millionen Euro erreicht.
Allerdings ist das eine Milchmädchenrechnung, denn Betriebskosten, Steuern und Künstlerhonorare sind ja auch noch von den Einnahmen abzuziehen. Und außerdem liegen die Eintrittspreise viel niedriger. Selbst ein Abend mit der Star-Pianistin Hélène Grimaud kostet maximal 84,50 Euro pro Karte, und es stehen auch Konzerte auf dem Plan, die man zwischen 15,40 und 29,60 Euro besuchen kann.
Auch wenn an manchen Tagen zwei Veranstaltungen pro Saal geplant sind, ist zu vermuten, dass sich dieses Gebäude niemals rechnet – oder wenn doch, dann sehr, sehr spät und sicher nicht vor der ersten fälligen Renovierung, die dann auch wieder Geld kostet.
Ich weiß, eigentlich soll es hier ja um Fotografie gehen und nicht um Kulturpolitik, aber seit ich zum ersten Mal selbstständig war (1992-2004), bin ich etwas sensibler geworden für Verschwendung öffentlichen Geldes. Wenn ich meine Kosten, meine Einnahmen oder beides nicht im Griff habe, gehe ich pleite, und mein Leben verschlechtert sich dramatisch. Wenn Politiker Geld verschwenden, müssen sie vielleicht zurücktreten, haben danach aber trotzdem noch die Chance auf ein gutes Leben. Jedenfalls müssen sie nicht für den angerichteten Schaden aufkommen.
Vielleicht ging mir das unbewusst durch den Kopf, als ich an den Lightroom-Reglern herumschob, um mich vom Postkarten-Blau dieses schönen Spätsommertages zu entfernen. Im Wesentlichen habe ich wieder mit Entsättigung bei gleichzeitiger Kontrastanhebung gearbeitet, dazu ging der Weißabgleich in Richtung gelb/warm (erkennt man am bräunlichen Wasser) und die Helligkeit stark nach oben.
Beim Fotografieren selbst habe ich gewartet, bis zu dem fest stehenden Ensemble aus dem 110 Meter hohen Gebäude, dem Museumsschiff „Cap San Diego“ (links) und dem mir unbekannten Dreimaster (rechts von der Elbphilharmonie) noch etwas Bewegliches auf der Elbe hinzukommt. Da im Hamburger Hafen immer sehr viel los ist, musste ich nicht zu lange warten, und wie habe ich mich gefreut, dass es die „Anita Ehlers“ von der Barkassen-Centrale Ehlers GmbH war.
Ich kenne weder die Barkasse noch die Firma, aber wer sein Schiff „Anita Ehlers“ nennt und noch weitere Schiffe unter den Namen „Hiltrud Ehlers“, „Günter Ehlers“, „Helga Ehlers“ etc. betreibt, der muss einen bodenständigen Familienbetrieb führen, und er (oder sie) achtet wahrscheinlich sehr auf die Kosten. Damit auch genug Geld hereinkommt, um Steuern zu zahlen, von denen dann wieder die Elbphilharmonie – aber lassen wir das.
Jedenfalls ergab sich ein schöner inhaltlicher Kontrast zwischen der einfachen Barkasse und dem ambitionierten Konzerthaus, und ich habe dann auch in Sachen Bildaufbau so lange gewartet, bis die „Anita Ehlers“ die rechte senkrechte Drittellinie des Bildes passiert hat. So hat die stehende Gruppe um die Elbphilharmonie den linken, größeren Bildteil für sich, und die fahrende Barkasse richtet sich im rechten Drittel ein (dass da noch eine kleinere Barkasse vor der Elbphilharmonie herumschippert, stört mich nicht, sie fällt ja kaum auf).
P.S.: Nur um es klarzustellen – ich liebe die klassische Musik, ich bin Abonnent des digitalen Konzertsaals der Berliner Philharmoniker, und ich kann auch mit den Subventionen für Sinfonieorchester leben. Aber was da in Hamburg passiert ist, geht viel, viel zu weit.