Es ist mal wieder an der Zeit, die Möglichkeiten der elektronischen Bildbearbeitung zu preisen. Mögen mir alte Foto-Hasen ins Wort fallen, aber ich glaube, dass eine solche Landschaftsaufnahme, wie ich sie heute hier zeige, noch vor zehn Jahren gar nicht möglich gewesen wäre.
Ich bin eigentlich gar nicht so der depressive Typ. Aber jetzt so gegen Ende meines Projektes 366 ziehen mich die düsteren Motive etwas mehr an als sonst. Vielleicht liegt es heute auch daran, dass ich gestern eine Hochzeit fotografiert habe, und dass immer am Tag danach nicht allzu viel mir mir los ist. Hochzeiten zu fotografieren ist eine sehr angenehme und gleichzeitig sehr anstrengende Art, sein Geld zu verdienen, darum bin ich am nächsten Tag immer etwas groggy und arbeite in der Regel auch nicht. Mir ist es ein Rätsel, wie manche Fotografen Hochzeiten am Freitag und am Sonnabend anehmen können, ich kann es jedenfalls auf keinen Fall. Aber eigentlich wollte ich ja etwas zu dem unheimlichen Haus am See erzählen.
Morgen ist Nikolaus, aber heute könne wir noch einmal melancholisch werden. Weil ich nämlich den perfekten Sonnenschein an diesem Wintermorgen verpasst habe und erst mit der Kamera nach draußen ging, als der Sonnenuntergang kurz bevor stand. Und dann sah ich diesen Steg an unserem See, den ich sicher schon Hunderte Male gesehen habe, ganz neu. Ich habe ihn fotografiert und danach einer großen, großen Versuchung widerstanden.
Ich mag Hochsitze nicht besonders. Sie inspirieren mich zwar zum Fotografieren, weil ich gerne versuche, die Bedrohung sichtbar zu machen, die von ihnen ausgeht. Aber an sich mag ich sie nicht, weil sie das ohnehin unfaire Kräfteverhältnis im Wald noch weiter zugunsten des Menschen beeinflussen.
Ich liebe mein Projekt 366, es bietet mir viel mehr Vor- als Nachteile – und doch freue mich mich jetzt so langsam auf den 31. Dezember, wenn ich dieses Projekt abschließe und danach neue Dinge auf meinem Blog in Angriff nehme. Ich werde mich zu allgemeinen und speziellen Themen der Fotografie äußern und Einblicke in meinen Fotografen-Alltag geben, dazu kommen sicher weiterhin gute Tipps – und auch zwei neue Projekte. Eines davon ist noch geheim, das andere aber werde ich hier und heute enthüllen. Weil es so schön zu meinem aktuellen Bild des Tages passt.
Ja, ich habe heute Abend natürlich den Supermond fotografiert. Aber mit einem 200-Millimeter-Objektiv ist er nicht besonders formatfüllend geworden, und weil ich diese Sache hier schon im Sommer thematisiert und demonstriert habe, nehme ich den Supermond ins Archiv (weil er so bald nicht wiederkommt, jedenfalls nicht gleichzeitig als Vollmond) und zeige stattdessen eine Supersonne. Und leiste damit Abbitte bei allen wackeren Sonnenuntergangsfotografen.
Bin ich schon so alt? Leiste ich vielleicht unterbewusst Widerstand gegen so moderne technische Errungenschaften wie HDR (High Dynamic Range). Jedenfalls hatte ich bisher immer etwas an Bildern mit besonders hohem Dynamikumfang auszusetzen, obwohl daran theoretisch ja nichts Schlechtes ist, wenn ein Foto Zeichnung sowohl in den ganz dunklen als auch in den ganz hellen Bereichen hat und alles gut zu erkennen ist. Nichts säuft ab, nichts frisst aus, wo ist mein Problem? Obwohl HDR-Bilder versuchen, das natürliche Sehen der Auge-Gehirn-Kombination nachzubilden, kamen sie mir bislang immer etwas künstlich vor. Bis heute morgen, da konnte ich zum ersten Mal frohlocken. Um dann einen echten Tiefschlag hinnehmen zu müssen.
„Traut Glaubt keinem Sänger!“, hat Heinz-Rudolf Kunze mal gesungen, das ist lange her (1987), aber ich vergesse es nicht.* Und möchte hiermit ergänzen: „Traut Glaubt keinem Fotografen!“ – jedenfalls dann, wenn er Euch einen Sonnenuntergang vorsetzt. Ich würde sagen, 95 von 100 dieser Aufnahmen sind stark bis extrem bearbeitet. Warum? Weil es so verlockend ist. Und weil es möglich ist. Und um zu zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, stelle ich ausnahmsweise mal wieder die unbearbeitete Raw-Datei dieses Fotos online.
Ich schreibe nicht oft und auch nicht so gern über Fototechnik, aber heute muss es mal sein: Ich habe mir eine neue Kamera bestellt. Nächste Woche hole ich sie ab, und ich bin guter Dinge, dass sie mein Fotografendasein positiv beeinflusst. Warum erzähle ich das zu einem Foto des Doms von Siena? Weil ich – Entschuldigung – absolut begeistert bin von dem Bild, was mir da heute gelungen ist, und weil ich das eben mit der alten Kamera gemacht habe. Dieses Foto soll mich daran erinnern, dass es nicht der Fotoapparat ist, der die Bilder macht, sondern der Mensch, der diesen Apparat in der Hand hält. Stellt sich nur die Frage, warum ich mir trotzdem eine neue Kamera gekauft habe.
Eine meiner wichtigsten Regeln lautet: Fotografiere Menschen nicht von hinten. Aber wie alle Regeln darf auch sie gebrochen werden, und umso eher ist das erlaubt, wenn ich die Regel selbst aufgestellt habe. Also: Wer wandert, darf, soll und muss auch von hinten fotografiert werden, denn diese Perspektive symbolisiert den Aufbruch, der mit jeder Wanderung verbunden ist. Und natürlich gibt es auch noch einen ganz pragmatischen Grund für den Regelverstoß.