Der Blick nach innen


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Innenraum des Mercedes SL 500, Berlin/D                    ©Stefan Anker

Ich habe heute wieder mal etwas über SEO gelesen – Suchmaschinen-Optimierung. Aber ich wende das erlesene Wissen nicht an, weil ich mir die Freiheit nehme, Überschriften nach meinem eigenen Geschmack zu formulieren. SEO-mäßig hätte da jetzt stehen müssen „So sieht der neue Mercedes SL von innen aus“ oder vielleicht „Unglaublich, was der Blick ins Innere des nagelneuen Mercedes SL enthüllt“. Aber ich will das nicht. Mein Blog ist ein Langzeit-Projekt und wird sich auch ohne SEO-standardisierte Zeilen durchsetzen, da bin ich sicher. Das Projekt 366 wird zwar am Silvestertag enden, das war ja immer so geplant, aber dafür gibt es 2017 neue Aktivitäten, die ich jetzt vielleicht nur so andeute: Unglaublich, was 2017 auf MalAugeFragen.com los sein wird. Was das alles mit dem SL zu tun hat? Na ja, es wird nächstes Jahr hier auch um Autofotografie gehen, und das Innenleben des SL gibt jetzt schon mal eine Art Kostprobe.

Autos so zu fotografieren, dass andere die Bilder mögen, ist eine recht anspruchsvolle Arbeit, weil sie Zeit, Geduld und etwas Vorbereitung benötigt. Oft braucht man auch einen oder sogar zwei Assistenten.

Relativ einfach ist es hingegen, das Cockpit eines Cabriolets zu fotografieren. Man kann da nämlich einen Blickwinkel einnehmen, den man beim geschlossenen Wagen nicht bekommt: Man tut einfach so, als schaue man dem Fahrer über die linke Schulter. Bei geschlossenen Autos ist da immer die B-Säule im Weg und natürlich das Dach. Zwar kann man diesen Blick über die Schulter auch bei einem Nicht-Cabrio wagen, doch wird das Bild insgesamt enger wirken, und man hat auch nicht so viel Freiheit beim Schwenken des Suchers.

Hier zum Beispiel habe ich die Kamera so lange frei bewegt, bis ich alles sichtbar machen konnte, was mir wichtig war. Da wäre zunächst die Umrahmung durch A-Säule und Türkante links sowie Kopfstütze und Gurtführung rechts. Dann – ganz wichtig – ist die Mittelkonsole mit dem Gangwahlhebel zu sehen, und als kleines Bonbon kann ich sogar links einen Blick auf die Innenseite der Tür werfen: Man erkennt die Knöpfe zur Sitzverstellung und die Mulde für den inneren Türgriff. Das hat ein bisschen gedauert, aber es war möglich, weil ich mich an dem offenen Auto relativ frei bewegen konnte.

Wichtig in der Autofotografie ist immer der Standort. Er muss sicher sein für Fotograf und Auto, natürlich muss er legal sein, man braucht über eine relativ lange Distanz ein freies Schussfeld, außerdem darf der Hintergrund nicht stören, im besten Falle passt er zum Auto oder bietet einen eigenen ästhetischen Wert.

Sogar hier bei dieser Detailaufnahme ist der Hintergrund wichtig, man sieht ihn durch den unteren Rand der Windschutzscheibe. Leider ist er nur mäßig attraktiv, und auch darum habe ich dieses Bild in Schwarzweiß umgewandelt, dann fällt der Hintergrund eigentlich gar nicht auf (wenn nur der Fotograf ihn nicht extra erwähnt hätte). Das Bild ist für die Veröffentlichung in der „Welt am Sonntag“ gedacht, da wird es, wenn es ausgewählt wird, in Farbe erscheinen, und ich habe daher schon das Grün der Rasenfläche entsättigt. ich hoffe, so geht es dann.

Am allerwichtigsten, besonders bei Aufnahmen des Innenraums, ist die Abwesenheit von Schatten. Damit nicht irgendwelche schwarzen Balken sich durchs Cockpit ziehen, muss das Auto selbst im Schatten stehen. Wer jemals einen Auto-Innenraum fotografiert, gleich ob Cabrio oder geschlossen, der stelle das Auto bitte dazu in den Schatten. Alles andere ist experimentell und läuft unter Kunst. Oder es ist eben Ausschuss.

Vielleicht noch ein Wort zur Blende und zur Schärfe im Bild. Wäre ich im Auftrag von Mercedes tätig gewesen, um das Bild etwa für einen Prospekt zu machen (aber das wäre ich nicht, die lassen all ihr Marketingmaterial in einem Super-Hightech-Fotostudio produzieren), wäre das also ein offizielles Foto, dann hätte ich wohl die Tiefenschärfe etwas weiter ausdehnen müssen.

Für die Zeitung denke ich, dass die leichte Unschärfe, die an der Mittelkonsole beginnt und sich nach rechts weiter ausdehnt, gar nicht verkehrt ist, weil Fotos eben heute so sind. Wer es wissen will: Ich habe mit 35 mm Brennweite und Blende 4 fotografiert. Blende 2 wäre auch gegangen, aber zu knappe Tiefenschärfe darf man bei so einem Produktfoto auch nicht setzen. Und außerdem muss man beachten, dass die exakte Schärfe nicht nur an einem Punkt sitzt, sondern auf einer Ebene, die parallel zum Kamerasensor liegt. Deswegen ist z.B. nicht nur die Mitte des Lenkrades scharf, sondern auch die „SL“-Gravierung im Lederbezug des kleinen Gangwahlhebels – was tatsächlich auch meine Absicht war. Eine mutigere Detailaufnahme mit selektiver Schärfe auf dem Gangwahlhebel und unscharfer Umgebung habe ich auch noch gemacht, aber das zeige ich noch nicht vor der Veröffentlichung.

 

Ich will letztlich niemanden entmutigen, der sich auch an Autos versuchen will, aber man muss sich da wirklich etwas Mühe geben. Ich nenne hier gern schon mal drei wichtige Punkte, um das Bild etwas professioneller wirken zu lassen: 1.) Lenkrad gerade stellen. 2.) Motor und Zündung aus, wenn nicht gerade spezielle Kontrollleuchten oder die Anzeige des Bordcomputers/des Navigationssystems Thema sein sollen. 3.) Lüftungsdüsen auf Normalposition oder wenigstens alle in die gleiche Position stellen.

Es gibt noch mehr zu beachten, aber nächstes Jahr will ich ja auch noch etwas zu erzählen haben. Vielleicht erkennt ja jemand, welchen Fehler ich selbst in diesem Bild gemacht habe. Ich habe es leider unterlassen, den Innenraum mit einem Mikrofasertuch zu reinigen. Gerade bei der sehr kontrastreichen Schwarzweiß-Umwandlung sind die vielen winzigen Staubteilchen ganz gut zu sehen, und ich habe ungefähr 50 von ihnen mit dem Kopierstempel entfernt. Einige mehr sind noch da, und wer das Bild vergrößert, dürfte sie auch sehen.

Es musste leider heute Vormittag etwas schnell gehen, und das rächt sich dann hinterher in der Bearbeitung. Ein kleiner Trost ist, dass sich die kleinen Staubpartikel im Zeitungsdruck kaum auswirken werden.

P.S.: Wer sich für Autofotos interessiert (auch saubere), den lade ich gern ein, auf meiner Homepage vorbeizuschauen: www.stefananker.com/autos.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

2 Kommentare zu „Der Blick nach innen

    1. Das ist sie sogar, der ganze Wagen war frisch gewaschen – aber die Trocknungsflecken hätte ich noch wegwischen können. Ein paar sind schon unterm Kopierstempel verschwunden, und wenn das Bild in die Zeitung soll, dann werde ich wohl noch mehr wegstempeln.

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