Käfer-Versteck


Tiefgarage, VW, Käfer, Cabrio
Tiefgarage nach Feierabend, Berlin/D                    ©Stefan Anker

Ich will in meinem Projekt 366 nicht mein Leben dokumentieren, sondern eigentlich war geplant, dass ich jeden Tag ein eigens erdachtes Foto produziere und hochlade. Aus der Erfahrung von fast neun Monaten kann ich sagen: Es ist nicht immer gleich leicht. Heute zum Beispiel war ich sehr lange im Büro und bin auch bei Tageslicht nicht für die halbe Stunde nach draußen gekommen, die nötig ist, um mein Foto des Tages zu machen. Ich habe mir dann nach meinem späten Feierabend mit einer kurzen Session in der Tiefgarage geholfen. Das ist nicht zu fantasievoll, aber erstens haben fast leere Tiefgaragen ihren Reiz, und zweitens traf mich beim Fotografieren eine wunderbare Erkenntnis.

Eigentlich waren es sogar zwei Erkenntnisse. Die erste lautet, dass auf den Tüchtigen durchaus das Glück wartet. Seit 266 Tagen arbeite ich nun an meinem Projekt, und das kostet manchmal einige Mühe, da nehme ich also gerne mit, dass mir in der Garage plötzlich ein blaues VW Käfer Cabrio begegnete. Dieses Auto, das ich dort noch nie zuvor gesehen hatte, erweiterte die Möglichkeiten für ein ordentliches Foto natürlich ganz enorm.

Die zweite Erkenntnis hat sowohl mit dem blauen Käfer als auch mit meiner Erfahrung aus einem knappen Dreivierteljahr täglichen Ablieferns zu tun: Ich nahm die Kamera hoch, sah durch den Sucher und wusste genau, wie ich das Foto bearbeiten würde, damit es kühl und knackig aussehen würde.

Trotz Neonlicht ist das, was auf dem Sensor eigentlich ankommt, nämlich eher gelblich warm. Ich habe also den Weißabgleich in Richtung kühl/blau verschoben, was der Lackierung des Autos so ganz nebenbei das gewisse Extra gegeben hat. Noch mehr Kühle bekam ich ins Bild, als ich die Farben leicht entsättigte und den Kontrast erhöhte.

Damit die diagonale Trennlinie zwischen grauem und weißem Bereich der Wand genau in die linke untere Ecke läuft, habe ich mich für das quadratische Format entschieden, und ich habe mithilfe von Radialfilter, Vignettierung, Verlaufsfilter und Korrekturpinsel das Licht so manipuliert, dass der blaue Käfer am hellsten wirkt. In Wahrheit haben die Neonlampen im Hintergrund extrem gestrahlt, das musste auf jeden Fall gedämpft werden, um den Blick nicht von der einzigen Attraktion im Bild abzulenken.

Natürlich war mir nicht jeder einzelne Bearbeitungsschritt schon beim Abdrücken klar, da ergibt sich vieles dann tatsächlich erst direkt am Computer. Aber ich wusste die Richtung, in die es gehen sollte. Diese Art Berufserfahrung hatte ich zwar vorher auch schon, doch das Projekt mit der täglichen Anforderung, ein Bild zu machen, das man auch vorzeigen kann, hat meinen Blick für das Endergebnis deutlich geschärft.

Ich kann es jedem nur raten, sich feste fotografische Aufgaben zu stellen und die auch bis zum Ende abzuarbeiten. Sie müssen nicht ein Jahr dauern, aber sie müssen einen Rahmen bieten. So ein Projekt erzeugt nämlich Routine, und je routinierter man ist, desto mehr Raum gibt es fürs Kreative.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

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