Meine Frau und ich essen ganz gern mal Chips und Käse am Abend – jedenfalls, wenn ich fürs Abendbrot zuständig bin, denn kochen kann ich nicht. Unser vornehmes Dinner heute hat mich zu einem weiteren Makrofoto inspiriert. Dazu war es nötig, dass ich ein paar Chips übrig ließ, was ja angesichts der darin eingebackenen Suchtstoffe schwierig ist. Ebenso anspruchsvoll gestaltet sich in der Regel die Suche nach einem halbwegs ästhetisch geformten Exemplar, das auch noch unbeschädigt sein muss. Jetzt, da ich den Text schreibe, überlege ich, ob ich die kleinen abstehenden Chips-Splitter an der linken Kante hätte wegretuschieren sollen – aber zu spät. Und inzwischen ist das Ding aufgegessen. Wen es nicht interessiert, wie genau man so ein Bild macht, der muss hier nicht weiterlesen. Für alle anderen kommt nun die ultimative Chipsfoto-Anleitung:
1.) Einen Bastelbogen aus dem Papiergeschäft als Hintergrund einsetzen und ihn dabei zur Hohlkehle machen. Dazu befestigt man ihn mit Klemmen an der Tischkante und stellt etwas weiter hinten zwei gefüllte Wasserflaschen auf den Tisch. So krümmt sich der Bastelbogen hinten nach oben, und vorn kann er nicht wegrutschen. Nach dem Shooting hat die Pappe übrigens Fettflecken – warum isst man überhaupt Chips?
2.) Chip positionieren, Kamera aufs Stativ, Bildaufbau einrichten.
3.) Makro bedeutet: kaum Tiefenschärfe, da sehr geringer Abstand von der Kamera zum Motiv. Wenn das wie hier schräg steht, ist starkes Abblenden ratsam – und selbst mit der hier verwendeten Blende 16 bekommt man nicht die gesamte Vorderkante scharf. Zur Schärfewahl Autofokus abschalten, das Bild auf dem Kameramonitor anzeigen lassen (Live-View-Modus) und in zehnfacher Vergrößerung manuell scharfstellen. Mit etwas Übung arbeitet der Mensch besser als der Autofokus, dessen Sensorpunkte zudem nicht immer genau auf die richtige Stelle des Motivs zielen.
4a.) Belichtung messen im AV-Modus/A-Modus (Blendenvorwahl bzw. Zeitautomatik). Wenn man ohne Blitz fotografiert, wird es eine lange Belichtungszeit, dann unbedingt im Live-View bleiben (da ist bei der Spiegelreflex der Spiegel schon vor der Aufnahme hochgeklappt, was Erschütterungen reduziert) und mit Selbstauslöser, wahlweise Draht- oder Funkauslöser fotografieren. Nicht bewegen, man kann auch die Luft anhalten – einfach alles tun, damit die Kamera wirklich ganz ruhig auf dem Stativ steht.
4b) Wenn man einen Blitz einsetzt (wie ich hier), dann gibt es mehr Möglichkeiten zur Gestaltung von Licht und Schatten, man macht sich auch von der Zimmerbeleuchtung unabhängig. Die Kamera in den manuellen Modus schalten, eine sichere Belichtungszeit (z.B. 1/100 s.) wählen und mit Stärke und Entfernung des Blitzes so lange experimentieren, bis das Bild gut aussieht. Richtig, man muss dazu den Blitz von der Kamera nehmen und braucht also auch noch zwei Funkauslöser. Der Aufwand lohnt sich aber, sonst wäre hier der Schatten des Kartoffelchips nicht so dekorativ geraten.
5.) Feintuning. Ich habe links und rechts neben den Chip kleine Styroporblöcke gestellt. Der linke bringt das Blitzlicht zurück auf die linke Seite des Kartoffelchips, womit sich eine gleichmäßige Ausleuchtung ergibt. Der rechte steht meinem Blitz nur ein bisschen im Weg, daher ist die obere rechte Ecke des Bildes so schön abgedunkelt. Und dann habe ich den Blitz nicht direkt auf den Chip gerichtet, sondern gegen einen dritten Styroporblock direkt über dem Blitz. Das macht das Licht und vor allem den Chip-Schatten weicher und natürlicher.
Muss das jetzt jeder so machen? Nein. Es gibt zig Möglichkeiten – bitte ausprobieren.