
Ich gebe es zu: So ein Foto ist leicht verdientes Geld. Das Modell sieht gut aus, hält still, wartet zusammen mit dem Fotografen auf das beste Licht – es ist keine besondere Herausforderung, ein Porträt von einer Statue zu machen, und trotzdem mache ich genau das ziemlich oft. Warum nur?
Weil man an einer Statue sehr gut Dinge ausprobieren kann. In diesem Fall gab es die Möglichkeit, das Porträt mal mit 200 Millimeter Brennweite zu machen, um so die Blätter, obwohl die Statue praktisch direkten Kontakt mit ihnen hatte, schön in Unschärfe versinken zu lassen. Durch den Weiß-Grün-Kontrast hebt sich die steinerne Gestalt (es ist übrigens der Heilige Nepomuk, ein Priester aus dem 14. Jahrhundert) zwar auch bei größerer Schärfe des Hintergrunds gut ab, dennoch habe ich mich am Ende für eine Variante der klassischen Variante entschieden: also Brennweite lang (in diesem Fall eben sehr lang), Abstand zum Motiv so kurz wie für den Bildausschnitt möglich, Blende offen.
In der Bildbearbeitung habe ich aufs Format 16:9 gewechselt, was mir in letzter Zeit immer besser gefällt. Ich mag die Breitenwirkung und habe den Eindruck hier noch ein wenig verstärkt, indem ich nicht Nepomuks Auge auf die rechte senkrechte Drittellinie gesetzt habe, sondern seine Nasenspitze. Falls jemand sich beschwert, ist also immer noch der Drittelregel Genüge getan, nur mit einem Hauch an Freiheit der Interpretation (die man ja sowieso hat).
Um den Kontrast zwischen Motiv und Hintergrund noch weiter hervorzuheben, habe ich das Grün der Blätter mit einem Verlaufsfilter von links nach rechts etwas abgedunkelt. Mehr war es eigentlich nicht diesmal, denn die Mittagssonne hat Nepomuk so wunderbar ins Gesicht geleuchtet, dass es hier überhaupt keine Probleme gab. Und der Schattenwurf auf seinem gemeißelten Gewand ist mehr als erwünscht.
Mittagssonne ist übrigens das Stichwort. Der Heilige Nepomuk steht kurz vor dem Gipfel des Kahlenbergs. Auf den sind wir heute gefahren, um ein schönes Großstadtpanorama zu fotografieren. Der Anfängerfehler war nur, weder auf die Karte, noch auf die Sonnenstands-App gesehen zu haben. Dieser Berg liegt nördlich von Wien, und darum herrscht da oben um die Mittagszeit prallstes Gegenlicht. Meine Stadt-Aufnahmen sind leider nicht vorzeigbar, und ich bin froh wie selten, einen katholischen Geistlichen angetroffen zu haben.
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