Menschen am Flughafen


Flughafen, München, Terminal, Terminal 2
Terminal 2, Flughafen München, Erding/D                    ©Stefan Anker

Aus der Not eine Tugend machen – so nennt man das wohl, was mir heute widerfahren ist. Ich wusste, dass ich am Abend von München nach Berlin fliegen würde, und ich dachte: Sei nur rechtzeitig am Flughafen, dann wirst du schon eine großartige Innenarchitekturaufnahme hinbekommen, so wie Anfang des Jahres in Stuttgart. Aber Pustekuchen. In München war es vor allem zu voll, ständig liefen Leute durchs Bild, und da musste ich dann eine andere Strategie wählen.

Die Idee kam mir, als ich auf einem der Laufbänder stand: Wie wäre es denn, Bewegung mal anders darzustellen als sonst? Also nicht mit starrer Kamera Menschen vorbeiziehen lassen, sondern vom Laufband aus mit langer Belichtungszeit Menschen und Flughafeninventar so aufzunehmen, dass sich die Verwisch-Effekte aus der Seitwärtsbewegung der Kamera ergäbe. Ich wollte sie dazu auf das mitlaufende Gummi-Geländer stellen und fest andrücken. Für Belichtungszeiten bis zu einer Sekunde sollte das gehen.

Es ging auch, nur nicht so, wie ich gedacht hatte. Ein Gummi-Geländer an einer Rolltreppe oder einem Laufband läuft nicht so sanft und ruhig wie die Treppe oder das Band selbst. Im Gegenteil: Wie ein miserabel ausgewuchteter Reifen zittert sich das schwarze Gummi durch seine Führung, und so bekam ich Bilder, die sowohl in Längsrichtung verwischt als auch vertikal verwackelt waren.

Gerade ärgerte ich mich darüber und überlegte, welche neue Idee ich in den nächsten 20 Minuten bis zum Boarding noch verwirklichen könnte, da sah ich auf dem Display, dass die Fotos gar nicht so schlecht aussahen. Von Schärfe konnte zwar in keiner Weise mehr die Rede sein, aber es war doch noch zu erkennen, was gemeint war (oder?). Und so bin ich auf diesem Laufband noch ungefähr zehn Mal hin und her gefahren, um einige Dinge zu optimieren.

Zuerst experimentierte ich mit der Belichtungszeit, die ich am Ende auf eine Drittel-, auch auf eine Fünftelsekunde verkürzte, um die Menschen nicht als Geister, sondern als erkennbare Gestalten abzubilden. Dann machte ich noch ein paar Autofokus-Messfahrten, um so viel Tiefenschärfe wie möglich herauszuholen, aber das war angesichts des Wischens und Wackelns doch vergebene Liebesmüh. Am wichtigsten war, ein Gefühl für den richtigen Bildausschnitt zu bekommen, ohne durch den Sucher sehen zu können – und zu hoffen, dass auch mal jemand durchs Bild gehen würde. Nur mit den auf Stühlen sitzenden Menschen sieht das Bild nämlich recht statisch aus.

Am Ende habe ich in der Bildbearbeitung der Versuchung widerstanden, das Foto in Schwarzweiß umzuwandeln. Ich finde im Gegenteil, dass die zarte Farbigkeit der gewollten Überbelichtung gut steht und habe in Lightroom die Farben sogar noch ein bisschen gesättigt und die Helligkeit bis zur Grenze des technisch Möglichen ausgeweitet.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

Ein Kommentar zu „Menschen am Flughafen

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