
Selten bin ich einem so entspannten Prominenten begegnet. Mark Webber ist gestern und heute die Ennstal-Classic mitgefahren, und es hatte den Anschein, dass ganz Österreich ihn kennt. Die Leute wollten ein Foto mit ihm machen, ihn anfassen, sein Autogramm haben, und der frühere Formel-1-Fahrer und amtierende Langstreckenweltmeister erfüllte geduldigst alle Wünsche. Aber eine ganz andere Sache machte er noch lieber.
Autofahren natürlich. Webber steuerte einen Porsche 718 RS60 Spyder von 1960 über die Landstraßen, und ich hatte gestern für einen halben Tag lang das Vergnügen, sein Beifahrer zu sein und die Navigation zu übernehmen. Wie Webber fährt, und was er mir sonst so erzählt hat, das werde ich am Montag im Motorkanal der „Welt“ berichten, Webber taucht dann als unser „Petrolhead der Woche“ auf.
Dazu brauchte ich noch ein paar Fotos des Rennfahrers, und die habe ich heute morgen vor dem Start zum zweiten Rallye-Tag machen wollen. Aber ach, ich hätte drei Helfer benötigt, um all die Webber-Fans zurückzudrängen. Der Plan, ein schönes Porträt mit langer Brennweite zwischen allen aufgestellten Porsche-Modellen zu machen, schlug jedenfalls einigermaßen fehl, das Schussfeld blieb einfach nicht frei. Ich habe es dann mit einer kürzeren Optik gemacht, da ging es einigermaßen (inkl. Wegschubsen der Fans), aber richtig zufrieden war ich nicht.
Also wartete ich, bis Webber mit seinem heutigen Beifahrer ins Auto stieg und machte noch einige ungestellte Fotos in der Warteschlange vor dem Start. Das ist dann gelungen, finde ich, auch wenn man zumindest dieses Foto hier recht groß anzeigen muss, um Webber auf Anhieb zu erkennen.
Was man allerdings sieht, ist, dass der Fahrer des zweiten Autos in der Schlange das Motiv dieses Bildes ist. Dazu trägt die Schwarzweiß-Umwandlung bei (einige Autos lenken sonst etwas ab), und natürlich tut die selektiv gesetzte Schärfe das Ihre – alles außer Webber und seinem Wagen ist einigermaßen unscharf, was durch eine lange Brennweite (200 Millimeter) in Verbindung mit einer offenen Blende (4.5) zustande kommt.
Warum 4.5? Ein Versehen, eigentlich sollte es Blende 4 sein. Blende 2.8 hätte die Sache noch deutlicher gemacht, aber das gibt mein Objektiv nicht her. Manchmal ärgert mich das, aber nachdem ich neulich mal leihweise das 70/200 2.8 auf der Kamera hatte, bin ich gar nicht mehr so traurig über mein eigenes Objektiv – die lichtstärkere Variante ist schon ein sehr schweres Stück Technik.
In der Bildbearbeitung habe ich mithilfe eines aufhellenden Radialfilters um Webbers Auto herum und eines abdunkelnden Verlaufsfilters von rechts nach links mein Motiv noch stärker herausgearbeitet. Zum Schluss habe ich auf Webbers Windschutzscheibe noch den neuen Dunstfilter von Lightroom eingesetzt, um das Gesicht des Rennfahrers klarer erkennbar zu machen. Ja, hier hätte ich auch ein Polfilter aufs Objektiv schrauben können, das wäre fotografisch die elegantere Lösung gewesen – aber wer weiß, ob ich dann diesen schönen Augenblick eingefangen hätte.
Es gab übrigens anlässlich meines Landschaftsbildes von vorgestern eine Leserkritik daran, dass ich meine Bilder bearbeite – so gingen Authentizität und Realismus verloren. Ich habe das Thema Bildbearbeitung heute mit dem erfahrenen Profi Markus Leser besprochen, der für Porsche die Ennstal-Classic begleitet und eine klassische Fotografen-Ausbildung hat. Wie wohltuend war es zu hören, dass auch früher im Fotolabor Bilder bearbeitet wurden: Abwedeln, nachbelichten, Gradationskurve – gab es alles schon, wurde auch gemacht, hat nur länger gedauert.
Sicher gibt es heute noch ein paar mehr Tricks, aber ich finde, solange das Ziel ist, das Motiv schneller erkennbar zu machen, ist eine Menge erlaubt. Und Leser sagt: Man kann mit Bildbearbeitung aus einem schlechten Foto kein gutes machen – aber aus einem guten ein sehr gutes.
Ob mir das hier gelungen ist, überlasse ich dem Urteil der Betrachter.