
So friedlich, wie es hier aussieht, geht es in der Berliner Volksbühne seit geraumer Zeit nicht mehr zu. Der Senat hat für das traditionsreiche Haus ein neues Konzept beschlossen und als Nachfolger des seit 1992 amtierenden Intendanten Frank Castorf den belgischen Museumsmanager Chris Dercon verpflichtet. Er leitet heute die Tate Gallery in London und wird 2018 in Berlin übernehmen. Seine Gegner kritisieren, dass das klassische Sprechtheater in der Volksbühne zur Nebensache werde, weil offenbar auch Kultur-Events anderer Art hier stattfinden sollen. Das ist der nachrichtliche Stand, und weiter will ich dazu auch nichts sagen, denn Kulturpolitik ist wahrlich nicht mein Gebiet, und vermint ist dieses Gebiet ja auch immer. Nirgends herrscht mehr Zorn als im Feuilleton, da muss man wirklich aufpassen. Aber mir geht es, wie man weiß, um Fotografie, und die ist harmlos und allein der Schönheit verpflichtet, nicht wahr? Na ja, dazu gibt es natürlich auch so viele Meinungen wie Fotografen. Und wahrscheinlich wird auch nicht jeder dasselbe Detail an meinem heutigen Bild wichtig finden wie ich.
Es ist die Ecke unten rechts. Man sieht eine Art Randstein, der den Abschluss der Rasenfläche vor dem Theater darstellt, und diesseits des Randsteins befindet sich dann der Fußweg, auf dem ich fotografiert habe.
Mir ist dieses Detail in der Ecke wichtig, weil es nicht nur Tiefe schafft, sondern auch Kontext. Es muss bei Fotografien von Gebäuden nicht nur um die Architektur gehen, sondern man darf gern auch sehen, wo sich das Bauwerk befindet, wie es sich in seine Umgebung einbettet.
Für solche Aufgaben sind Weitwinkelobjektive die perfekten Partner, denn sie erfassen nicht nur ein großes Blickfeld, sondern sie betonen auch den Vordergrund stark (probieren Sie ein Weitwinkelporträt und achten auf die Nase des Porträtierten). Diese Betonung wird bei Aufnahmen von Gebäuden natürlich besonders wirksam, wenn man sich zum Fotografieren in die Hocke begibt. Sogar die Bauchlage kann mal angezeigt sein, wie man anhand eines älteren Fotos einer weiteren Berliner Sehenswürdigkeit leicht überprüfen kann.
P.S.: Ich habe das Foto von der Volksbühne gemacht, weil ich heute und morgen an einer erstaunlichen Veranstaltung direkt gegenüber im Kino Babylon teilnehme: Gulf PhotoPlus Popup Berlin heißt die Sache, und sie wird von der Firma GulfPhotoPlus aus Dubai (ja!) veranstaltet, die im Nahen Osten viele Foto-Events organisiert und sich seit einigen Jahren auch in westlichen Metropolen präsentiert. GPP Popup Berlin besteht aus vier gut dreistündigen Vorträgen samt Demo-Shootings der renommierten Fotografen Joe McNally, Zack Arias, Gregory Heisler (okay, den kannte ich nicht vorher) und David Hobby. Schon der heutige Tag mit McNally und Arias war großartig, im Saal etwa 120, vielleicht 150 Besucher, gefühlt zwei Drittel nicht aus Deutschland (Finnland, Schweden, Spanien, Italien, Portugal, Tschechien und so weiter – na ja, eigentlich Alltag in Berlin-Mitte). Und mir brummt jetzt etwas der Kopf vom vielen Englischhören. Aber es war extrem lehrreich, ich kann das nur weiterempfehlen, die 299 Euro haben sich für mich jetzt schon gelohnt.