
Es gibt so Tage in meinem Projekt 366, da habe ich eigentlich gar keine Zeit, ein Foto zu machen. Der Leser erkennt diese Tage daran, dass ich mit der Kamera in den Garten gehe oder eine Makroaufnahme im Haus mache. Nichts gegen Garten- oder Makrofotos, aber mir wäre wohler, wenn ich jeden Tag eine eigene, originelle Idee hätte, ohne auf diese Reserve-Sujets zurückgreifen zu müssen. Heute immerhin konnte ich mein Makro mit einem kleinen Licht-Experiment anreichern, denn ich habe neulich David Hobby kennen gelernt, und das war schon so eine kleine Erleuchtung.
David wer? Ja, der heißt wirklich Hobby, viele kennen ihn auch, denn er ist sozusagen der Weltherrscher der Blitzlichtbenutzer. Auf seinem Blog stehen unzählige Tipps zu allen möglichen Beleuchtungsfragen, alles ist kostenlos, und die Zahl der Fotografen, die darauf zugegriffen hat, geht laut Hobby in die Millionen. Demnach müssten eigentlich nur noch top ausgeleuchtete Fotos durchs Netz geistern, aber das ist dann doch nicht so. Auch ein amerikanischer Top-Star wie David Hobby hat eben keine unbegrenzte Durchschlagskraft.
Aber ich habe mir seit dem letzten Wochenende, als ich seinen Workshop besuchte, vorgenommen, mal wieder aktiver zu blitzen. Eigentlich habe ich gar nichts dagegen, ich propagiere selbst oft genug den Einsatz von Blitzgeräten, vor allem im entfesselten, also von der Kamera entfernten Modus.
Seit ich allerdings meine neue Kamera habe und die eine so hervorragende Bildqualität auch bei ISO 3200 und 6400 liefert (gerade bearbeite ich Hochzeitsfotos, bei denen ich das Tanzen mit ISO 12.800 abgedeckt habe), habe ich das Blitzen etwas vernachlässigt.
Darum dachte ich mir, als ich heute Abend einen uralten Salino in meiner Schreibtisch-Schublade fand: Jetzt ziehst du mal alle Register. Und vor allem: Du machst ein Blitzfoto mit Ansage. Das bedeutet: Erst die Idee, dann die Umsetzung.
Ich wollte den schwarzen Salino auf schwarzem Untergrund haben und dazu ein eher dunkles Licht plus Farbfilter (heißt Deep Purple, wirklich) einsetzen. Außerdem wollte ich einen harten Schatten mit einem sanften Helligkeitsverlauf kombinieren.
Der Verlauf muss schon deshalb sein, weil die große salino-freie Fläche (Textfreiraum, z.B. für „Esst mehr Lakritz!“) sonst langweilig aussieht. Aber fangen wir mit den einfachen Sachen an, so tastet man sich auch an eine Blitzaufnahme heran.
Zunächst habe ich den Salino auf eine schwarze Bastelpappe gelegt, die ich mithilfe zweier Klemmen an der Tischkante befestigt und dann zur Hohlkehle gemacht habe, indem ich den Pappbogen hinten angehoben und an eine Selterflasche gelehnt habe. Man braucht nicht unbedingt eine Hohlkehle für etwas so Kleines wie einen Salino, aber ich baue das standardmäßig so auf, und am Ende sollte es sich auch als hilfreich erweisen.
Ich habe dann einen Blitz schräg links neben den Salino gelegt, nicht zu dicht dran und mit Zoomeinstellung für ein 105-Millimeter-Objektiv. So bündelt mein Blitz das Licht am stärksten (eben so, als würde er auf einer Kamera mit 105-mm-Objektiv sitzen), und so wird denn auch der Schatten so hart wie möglich. Umgekehrt würde er weich, wenn ich den Blitzreflektor in den Weitwinkelbereich zoomen würde, meine Lichtquelle mit einer Softbox oder einem Schirm ausstatten und sie ganz nah ans Motiv schieben würde.
Der harte Schatten war leicht zu erzeugen, aber gleichzeitig ist das Blitzlicht auch auf die Seitenwand des Salino getroffen, was nicht gut aussah und das Licht auch von der Oberfläche des Lakritzstücks und den Buchstaben abgelenkt hat. Darum habe ich ein Buch und eine CD genommen, den Blitz damit etwas höher gelegt (er befand sich stets in liegender Position) und ihn leicht nach unten zeigen lassen.
Sehr gut, plötzlich war „Salino“ lesbar – aber nur für den, der das Ding schon kannte. Ich hatte insgesamt einen guten Special Effect gesetzt (Farbe, harter Schatten, Reflektionen auf den Buchstaben), aber die ganze Sache war nicht wirklich gut identifizierbar.
Also habe ich einen zweiten Blitz rechts neben den Aufbau gestellt und ihn an die Decke blitzen lassen. Dieses weiche Licht gibt dem ganzen Aufbau Erkennbarkeit, ohne den Special Effect aufzuheben. Die Dosierung der Blitzleistung erfolgt übrigens bei beiden Blitzen manuell, man kann die Leistung immer weiter halbieren, bis man bei 1/128 angelangt ist. Das ist die bequemste Art zu arbeiten, solange sich auch die Kamera im manuellen Modus befindet und man eine Belichtung eingestellt hat, die auch in einer LED-beleuchteten Küche einfach ein schwarzes Bild erzeugt.
Meine Belichtungseinstellung war 1/160 Sekunde, Blende 8, ISO 100, und damit war dann sicher gestellt, dass ausschließlich die beiden Blitze das Licht fürs Foto erzeugen. Wie gesagt: Man probiert ein bisschen herum, aber dann ist es total einfach und vor allem stabil, fast völlig unabhängig vom Bildausschnitt. Ein weiterer Vorteil des manuellen Blitzens ist, dass die Blitze und auch der Funkauslöser, der im Blitzschuh der Kamera sitzt, kein Vermögen kosten müssen. Man kann hier ruhig die chinesischen Billig-Gerätschaften nehmen und muss nicht auf die teuren TTL-Blitze der Kamerahersteller zurückgreifen.
Ich habe mit der Marke Yongnuo gute Erfahrungen, der einzige feststellbare Nachteil ist, dass die Farbtemperatur des Blitzlichtes manchmal von Aufnahme zu Aufnahme etwas schwankt. Mein Canon-Blitz ist da konstanter, aber solange man keinen Werbeauftrag hat, bei dem das Rot des Coca-Cola-Etiketts o.ä. genau wiedergegeben werden muss, ist das kein K.O.-Kriterium gegen die Yongnuos – für einen privat fotografierten Salino reichen sie jedenfalls locker.
Was fehlt noch? Genau, der Farb- und Helligkeitsverlauf im Hintergrund. Also: Die Pappe ist links heller als rechts, weil der Special-Effect-Blitz von links mit sehr geringer Leistung (1/32) blitzt und die Farbfolie dreieinhalb Blendenstufen Licht schluckt, da gibt es keinen langen Lichtkegel. Und besonders breit wird er auch nicht wegen der Telezoom-Einstellung des Reflektors.
Die Pappe ist außerdem oben heller als unten, weil ich den Special-Effect-Blitz an seiner rechten Seite ein wenig abgeschirmt habe (mit einem Stück Papier) – und wegen der Hohlkehle. Ich habe den Salino etwas die Schräge hinauf geschoben (er blieb liegen, weil er eine leicht klebrige Leckerei ist), und so ist nun keine glatt auf dem Boden liegende Pappe im Bild, sondern eine deutlich ansteigende. Man sieht das nicht, aber es ist so, und die Tatsache, dass am oberen Ende der Pappe mehr von der Decke reflektiertes Licht ankommt als am unteren, unterstützt den Helligkeitsverlauf von oben nach unten.
Der langen Rede kurzer Sinn: Das kann man auch alles mit stärkerer Blitzleistung und einem echten Menschen als Modell machen. Aber zum Ausprobieren von Beleuchtungsmethoden ist ein Salino nicht schlecht, vor allem zwischen 22.30 und 23.05 Uhr weiß man seine Geduld außerordentlich zu schätzen.
Danke fûr die Bestätgung der Richtigkeit meines aktuellen Vorgehens. 😉 Bei mir war es zwar bisher kein Salino sondern anderer Kleinkram, aber wie Du schon sagst: zum Üben sind kleine und grenzenlos geduldige Objekte super.
Grüße Klaus
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