Angriff aufs Parkett


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Schaden im Nussbaum-Parkett, Königs Wusterhausen/D                   ©Stefan Anker

Ist es denn die Möglichkeit? So ungefähr sechs oder sieben Jahre habe ich sehr gut auf das Nussbaum-Parkett in unserem Wohnzimmer aufgepasst, aber neulich ist es doch passiert.

Beim Abbauen eines Blitzstatives nach einem Shooting mit mobilem Hintergrundsystem ist mir der Schirmneiger aus der Hand gefallen und schwer auf die graue Hintergrundpappe geknallt. Die bekam sofort einen Riss, und so konnte auch das Parkett dem Anschlag nichts mehr entgegensetzen. Das war richtig blöd, ich war nur froh, dass meine Frau schon vor Jahren mal das Bügeleisen (das heiße!) an anderer Stelle hatte fallen lassen – und ich hatte nicht geschimpft. Jetzt konnte ich diesen Bonus einlösen und wurde ebenfalls nicht bemeckert.

Nachdem ein paar Tage ins Land gegangen sind, und ich langsam anfing, nicht mehr auf die schadhafte Stelle zu schauen, dachte ich: Ach nein, ich muss mich der Sache doch noch einmal stellen. Also holte ich Kamera und Makro-Objektiv, legte mich auf den Bauch und versuchte, die Kerbe im Holz nicht als Ärgernis, sondern als ästhetische Herausforderung zu nehmen.

Augenhöhe ist mir ja wichtig, die ist natürlich bei einer Schramme im Fußboden nicht zu erreichen. Aber der Blick von leicht schräg oben ist hier auch okay, damit man den Schaden in allen drei Dimensionen ermessen kann. er sieht natürlich hier dramatischer aus, als er ist, Makrofotografie macht halt das Kleine groß. In Wirklichkeit dehnt sich die Spur des Schirmneigers acht bis neun Millimeter in der Länge und zwei bis drei Millimeter in der Breite aus, sie geht auch nur gut einen Millimeter tief ins Holz.

Aber ich sage es ja immer: Fotografie ist nicht nur Dokument, auch nicht nur Kunst, sie ist oft vor allem Inszenierung, Dramatisierung. Ästhetisierung. Darum habe ich natürlich auch in der Bildbearbeitung wieder ein paar Anpassungen vorgenommen – ganz so goldbraun wie hier auf dem Bild ist unser Parkett dann doch nicht, vor allem sind die schwarzen Masern des Holzes längst nicht so schwarz, wenn man dicht herangeht. Jedoch: Wenn man einfach so im Raum steht und den ganzen Fußboden betrachtet, gewinnt man genau diesen Eindruck: Ein warmer, wunderschöner Braunton, durchzogen von kräftigem Schwarz. Insofern passt das Foto dann doch.

Das Fotografieren war dieses mal übrigens schwieriger als das Nachbearbeiten. Ich musste hier aus der Hand fotografieren, weil ich die Kamera mit meinem Stativ nicht so tief über den Boden hätte bringen können. Ich wollte es ohne Blitz machen, weil wir eine große Fensterscheibe im Wohnzimmer haben, musste aber noch einen Sessel davor schieben, um zu starke Reflektionen des Tageslichts zu vermeiden – das Parkett wäre dann hellgrau-braun und damit ziemlich ausdruckslos geworden.

Am Ende war ich jedenfalls bei ISO 800 und einer Belichtungszeit von 1/5 Sekunde. Die kann mit einem 100-Millimeter-Objektiv wohl kein Mensch ruhig halten, aber ich fotografiere ja immer mit Streulichtblende, das hat sich jetzt mal ausgezahlt: Die Blende (also nicht die im Objektiv, sondern die vorne dran)  ist relativ lang, und ich habe die Kamera einfach darauf abgestützt, dann ging es auch mit der Fünftelsekunde. Die musste sein, weil ich eine ziemlich geschlossene Blende (die im Objektiv) eingesetzt habe, nämlich Blende 11. So ließ sich die Tiefenschärfe wenigstens auf einen halben Zentimeter ausdehnen, damit ich die Kerbe komplett scharf abbilden konnte.

Am Ende muss es auf die Leser wirken, als freute ich mich noch über den Schaden im Parkett. Aber das ist falsch. Ich freue mich über das Bild. Ich hätte es nur gern bei jemand anders im Wohnzimmer geschossen.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

2 Kommentare zu „Angriff aufs Parkett

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