
Manchmal führen Überschriften im Internet zu einer bösen Enttäuschung, und das ist sicher auch hier bei mir so. Aber es ist trotzdem nicht falsch, dass ich dieses Bild hier als Katzenfoto anpreise.
Es zeigt nämlich, wie eine Katze die Welt sieht. Oder besser: Wie ich glaube, dass eine Katze die Welt sieht, wenn sie bei uns durch den Garten streift. Das tun ziemlich viele wilde Katzen, weil man sich in unserem hohen Gras schön verstecken kann. Bis Ende Mai/Anfang Juni warte ich auf Geheiß meiner Frau jedes Jahr mit dem ersten Mähen, damit sich möglichst viele Insekten möglichst ungestört entwickeln können.
Dieser Gedanke ist sicher nicht jedermanns Sache, aber wir führen sogar ein Insektenhotel, also einen Kasten mit alten Baumstücken, die ich mit der Bohrmaschine bearbeitet habe. Sehr gute Zimmer sind das geworden, wir servieren allerdings kein Frühstück. Zusätzlich haben wir noch einen Teich, so dass es bei uns im Garten immer ganz schön summt und brummt – und sticht natürlich auch.
Jedenfalls schleichen sich die Katzen gern durchs hohe Gras, und da ich ja als Augenhöhen-Fetischist bekannt bin, habe ich mich heute auf Katzen-Augenhöhe begeben und die Welt aus der Katzen-Perspektive betrachtet.
Soweit ich weiß, haben Katzenaugen einen etwas breiteren Bildwinkel, weil sie im Verhältnis zum Kopf größer sind als menschliche Augen. Dem habe ich mit dem 16:9-Format meines Bildes und der eingesetzten Weitwinkel-Brennweite von 24 Millimetern Rechnung getragen.
Außerdem sehen Katzen nicht gut in der Ferne, darum habe ich auf eine nahe Blume (in der Bildmitte) fokussiert und mit Blende 7.1 eine nur mittelgroße Tiefenschärfe erzeugt. Das Haus unserer Nachbarn jedenfalls ist nur noch verschwommen zu erkennen.
Zu guter Letzt können Katzen die Farbe Rot nicht sehen, darum habe ich mich bei der Auswahl des passenden Gartenstücks auf blau, grün und gelb konzentriert. Wobei ich zugebe, dass im Lila der Günsel-Pflanzen auch Rot-Anteile enthalten sind, eine Katze würde diese Szene vielleicht noch anders wahrnehmen.
Allgemein sollen Bilder auf der Katzennetzhaut kontrastärmer, heller und entsättigter wirken, außerdem haben sie ein eher gleichmäßiges Bildfeld ohne eine Vignette, wie ich sie hier eingesetzt habe. In der Bildbearbeitung kann man die Anpassung an die Katzen-Realität zwar schaffen, aber ich habe die entsprechenden Veränderungen des Fotos doch wieder rückgängig gemacht.
Wissenschaftliche Korrektheit hin oder her: Am Ende sollen Menschen dieses Foto leicht erfassen können. Wenn es nur einer Katze vertraut vorkäme, wäre für den Fotografen nichts gewonnen.
Und hier kommt noch mal die Werbung: Alles über Perspektiven aller Art erfahren Sie in meinem Vortrag über Bildaufbau und Bildgestaltung. Am Sonntag, dem 22. Mai 2016, bin ich zu Gast beim Fotoklub Meridian in Dresden-Hellerau. Die genaue Adresse: Waldschänke Hellerau, Am Grünen Zipfel 2 (schon wegen der Adresse muss man kommen), 01109 Dresden. Um 15 Uhr geht es los, es dauert ca. zwei Stunden und kostet acht Euro Eintritt.