
Der Alltag bietet spannende Bilder, man muss sie nur finden. Das sagen jedenfalls viele Fotografen, aber ich bin da immer etwas skeptisch – weil ich zu oft gesehen habe, dass diese Haltung eine Art vorgeschobene Entschuldigung für schlichte Knipserei ist. Seit ich mich allerdings verpflichtet habe, jeden Tag ein Foto nicht nur zu machen, sondern es auch zu veröffentlichen, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als mich intensiver mit Alltäglichem zu befassen – denn sooo viele Aufträge habe ich nun auch nicht, dass ich täglich daraus für mein Projekt 366 Honig saugen könnte. Also musste heute wieder ein Rundgang im Garten herhalten. Und geschummelt habe ich dann auch noch.
Was mir nämlich auffiel im Garten, war nicht die einzelne Socke auf der Wäscheleine, sondern nur die Klammer. Niemand hatte eine Socke vergessen, aber ich überlegte mir, wie es wohl aussehen würde, wenn doch.
Beim Kramen im Kleiderschrank stellte ich dann fest, dass wir nur ein einziges Paar roter Socken hatten, das aber leider mit weißen Flusen besetzt war. Schade. Zwar wertet Rot noch jedes Foto auf, aber sauber sollte das Motiv schon sein.
Also kam eine blau-lila Ringelsocke zum Einsatz (meine Mutter strickt uns so etwas immer zu Weihnachten, es ist wunderbar), und ich habe hin und her probiert, wie ich sie am besten hänge, damit sie auf den ersten Blick ein wenig verloren wirkt.
Zunächst experimentierte ich mit dem Hochformat, um viel Leine mit ins Bild zu nehmen, aber erstens haben sich die Leinen in der Unschärfe schnell verloren, und zweitens wird die Socke umso kleiner, je mehr Leine ich zeige.
Ich habe dann entschieden, dass man nicht meterweise Leine sehen muss, um zu erkennen, dass die Socke ganz allein da hängt. Denn normalerweise hängen die Dinger auf der Leinenlänge, die jetzt noch im Bild ist, immer zu mehreren, dicht an dicht.
Dann habe ich noch darauf geachtet, dass die Socke nicht den Pfeiler überdeckt, dass die Aufteilung harmonisch ist, und dass der Hintergrund erkennbar, aber doch unscharf ist. Da es schon früher Abend war und der Himmel sich bewölkt hatte, überlegte ich kurz, ob ich mit einem Blitz arbeiten sollte, um die Freistellung der Socke vom Hintergrund noch stärker zu betonen.
Ich habe mich dann aber aus Faulheit ein weiteres Mal fürs Mogeln entschieden und die Sache in der Bildbearbeitung erledigt. Radialfilter um die Socke, Effekt umkehren und den Belichtungsregler leicht nach unten – so bleibt alles innerhalb des Filters unverändert, der Rest wird dunkler. Schöner Effekt, man muss nur aufpassen beim Dosieren.
Und morgen passiert wieder etwas in meinem Leben, das soll sich dann auch im Foto zeigen 😉
Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com