Eine Sache der Aufteilung


Getreide, Feld, Gerste, Roggen
Gerstenfeld (oder Roggenfeld?), Waltersdorf/D                    ©Stefan Anker

Heute habe ich mein Foto eher kühl kalkuliert. Ich wollte ganz formal nach einer wichtigen Regel fotografieren – und habe dabei gleichzeitig gehofft, dass das möglichst nicht auffällt. Das allerdings kann ich nicht beurteilen und frage daher meine Leser, ob sie in dieser Natur- und Nahaufnahme auf Anhieb eine Gestaltungsregel erkannt haben. Oder doch erst, nachdem ich sie darauf aufmerksam gemacht habe. Vielleicht sehen Sie aber auch gar nichts außer Pflanzen und Himmel?

Es handelt sich hier – klicken Sie ruhig aufs Foto, um es einmal komplett betrachten zu können – um eine eher strenge Auslegung der Drittelregel, wenn auch mit fließenden Grenzen. Von oben nach unten (meinetwegen auch von unten nach oben) sieht man drei aufeinander geschichtete Farbfelder, die alle ziemlich genau ein Drittel der Bildfläche einnehmen: das Blau des Himmels, das Gelbgrün der Ähren sowie das dunklere, mattere Grün der Getreidehalme, das sich mit dem kräftigen Lila einiger Feldblumen schmückt, um optisch gegen die helleren Flächen bestehen zu können.

Wie schön, dass sich diese Blumen (die ich leider nicht identifizieren kann) in Sachen Höhenwachstum genau auf das untere Drittel beschränken: Zur Belohnung habe ich die längste Blume auch noch auf der rechten vertikalen Drittellinie platziert.

Die Frage ist, ob bei so viel Kalkül noch Platz ist für Emotionen wie die Freude an der Schönheit der Natur. Auch das kann ich nicht beantworten, denn auch diese Antwort liegt im Auge des Betrachters. Wenn er etwas nicht erkennt, dann ist er nicht etwa zu doof, sondern das Bild hat nicht funktioniert.

Da in meinem heutigen Foto kein klassisches Motiv erkennbar ist, muss ich sogar damit rechnen, dass manchen dieses Foto nichts sagt. Vielleicht ist es nur etwas für Leute, die sich intensiver mit Fotografie beschäftigen, vielleicht bin ich aber auch der einzige, der erkennt, dass hier allein das Zusammenspiel von Farbe, Licht und Schärfe auf so etwas wie ein Motiv hinweist, die Ähren in der Bildmitte nämlich.

Andererseits kann auch die Gesamtkomposition als Motiv betrachtet werden, denn wenn ich das Bild so zuschnitte, dass nur die scharfen Ähren erhalten blieben, wäre es in meinen Augen nicht mehr viel wert.

Das, was ich da am Straßenrand gesehen habe, habe ich jedenfalls später in der Bildbearbeitung noch intensiver hervorgeholt. So haben die lila Blumen eine starke Sättigung erfahren, mit einem Verlaufsfilter habe ich die Farbe in den Himmel zurückgebracht, das Gelb der Ähren habe ich deutlicher hervorgehoben, und ein dezent eingesetzter Radialfilter über den Ähren soll den Blick auf sie lenken.

Ich bin fast sicher, dass man an diesem Bild noch länger arbeiten könnte, als ich es heute getan habe – vielleicht mache ich das demnächst auch mal, wenn mir das Foto mit ein paar Tagen Abstand immer noch so gut gefällt. Aber derzeit habe ich nicht nur allgemein viel zu tun, sondern es ist auch noch Fußball-EM (heute sogar mit einem Deutschland-Spiel), da muss ich meine Zeit ein bisschen einteilen.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

 

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