Du hast den Farbfilm vergessen…


CF, Compact Flash, Speicherkarte, Memory Card
CF-Speicherkarten, Königs Wusterhausen/D                    ©Stefan Anker

Heute ist mir das Peinlichste passiert, was einem Fotografen passieren kann, und ich danke dem Herrn, dass ich keinen richtigen Kundenauftrag hatte, sondern nur für mein Projekt 366 unterwegs war. Das ursprünglich geplante Foto musste ich jedenfalls abhaken – weil der Fehler, den ich gemacht hatte, nicht nur unangenehm, sondern auch unkorrigierbar war.

Überschrift und tatsächlich veröffentlichtes Bild deuten es schon an: Ich hatte keinen Film drin, um es mal in der Sprache meiner Jugend zu sagen. Ich war losgezogen ohne Speicherkarte in der Kamera,  und als ich die Kamera zückte, um mein erstes Foto zu schießen, da blinkte es unten im Sucher: „no CF“.

CF ist die Abkürzung für Compact Flash, das sind angenehm fingerfreundliche (also große) Speicherkarten, die ich normalerweise benutze, aber eben nur normalerweise, heute erst einmal nicht. Ich hatte mich so gefreut, mit meinem neuen Weitwinkelobjektiv ein paar coole Bilder in einer Tiefgarage zu machen, aber nun musste ich es halt lassen.

Gewöhnlich habe ich natürlich Ersatz-Speicherkarten dabei, aber wenn ich ausschließlich für mein Projekt unterwegs bin, dann oft mit sehr kleinem Gepäck: keine Tasche, nur die Kamera am Gurt, ein Objektiv, dann und wann auch ein Blitz. Und eben eine einzige Speicherkarte.

Immerhin gab mir das Malheur eine weitere Inspiration für ein Foto: Ich habe mir eine Gedächtnisstütze fotografiert, die ich ausdrucken und an die Innenseite meiner Bürotür hängen werde.

Als Makro-Aufnahme ist dieses Bild natürlich das genaue Gegenteil von einem Weitwinkelfoto, aber man muss halt flexibel sein. Die Idee war, die charakteristischen Löcher der CF-Karten zu thematisieren, und als ich wusste, wie ich es umsetzen wollte, war weniger das Fotografieren selbst die Herausforderung als das Anrichten der Karten. Ich  bin ziemlich ungeschickt in Bastelarbeiten aller Art, aber mit meinem Kartenstapel in Form einer Treppenkurve bin ich einigermaßen zufrieden.

Das Bild selbst ist deutlich überbelichtet, was schon beim Fotografieren passiert ist. Belichtet mit einem entfesselten Aufsteckblitz, der neben dem Kartenstapel steht und an die weiße Zimmerdecke feuert, ist schon in der Originalaufnahme nicht mehr zu erkennen, worauf die Karten liegen. Es ist mein MacBook, und hinter den Karten müsste eigentlich das beleuchtete Apfel-Logo zu sehen sein, aber der Blitz hat es einfach weg geflasht, was auch gut so ist. Sonst hätte ich die kleine Treppe nämlich an anderer Stelle noch einmal neu bauen müssen.

In der Bearbeitung habe ich Licht, Kontrast und Farben weiter verstärkt, so dass ein kühles, technoides Foto entstanden ist. Auch der Anschnitt rechts ist schon im Originalbild vorhanden, ich habe in der Bearbeitung nur noch ein wenig verfeinert, damit die linke Kante der obersten Speicherkarte direkt in die rechte obere Bildecke läuft.

Wer übrigens die Karten zählt, sieht sieben Stück. Ich besitze zwar acht, aber eine steckt ja in der Kamera, um dieses Bild hier zu speichern. Doch selbst wenn ich auf die kleineren SD-Karten ausgewichen wäre, was meine Kamera erlaubt, hätte ich nicht alle acht Karten gestapelt. Weil eine ungerade Zahl an gleichen Gegenständen meistens besser aussieht als eine gerade. Achten Sie auf Blumensträuße, wenn Sie einen kaufen oder geschenkt bekommen: Es sind fast nie sechs, acht, zehn Blumen drin, sondern eher fünf, sieben, neun, elf. Oder bei Leichtmetallfelgen: Nur ganz wenige haben eine gerade Anzahl an Speichen. Ich würde sagen, mindestens neun von zehn Autorädern weisen eine ungerade Zahl an Speichen auf.

Warum das so ist? Auch da wäre ich mal wieder für einen Tipp dankbar, ich nehme aber an, dass es sich ähnlich verhält wie mit der Drittelregel: Je weniger gleiche Hälften, desto mehr Spannung.

P.S.: „Du hast den Farbfilm vergessen“ aus dem Jahr 1974 ist einer der ersten Hits von Nina Hagen. Es geht allerdings nicht darum, dass gar kein Film in der Kamera war, sondern nur ein schnöder Schwarzweißfilm. „Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael. Nun glaubt uns kein Mensch, wie schön’s hier war. Du hast den Farbfilm vergessen, bei meiner Seel‘ – alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr.“

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

Ein Kommentar zu „Du hast den Farbfilm vergessen…

  1. Warum das mit den ungeraden Zahlen so ist, kann ich auch nicht genau sagen. Aber generell ist oft das, was nicht symmetrisch oder harmonisch ist, häufig interessant. Ungerade Zahlen erzeugen Reibung.
    Als ich in Moskau Blumen zum Frauentag kaufen wollte, und dem Händler sagte, dass ich gern zwei hätte, sah er mich ganz entsetzt an. Denn es ist tatsächlich brauch bei Blumen nur ungerade Zahlen zu verschenken. Wählt man eine gerade Anzahl so soll das Unglück oder gar den Tod bringen. Als ich ihm sagte, dass ich aber zweimal je eine benötige, nämlich für unsere beiden Russischlehrerinnen, war auch er zufrieden.

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