
Ich liebe mein Projekt 366, es bietet mir viel mehr Vor- als Nachteile – und doch freue mich mich jetzt so langsam auf den 31. Dezember, wenn ich dieses Projekt abschließe und danach neue Dinge auf meinem Blog in Angriff nehme. Ich werde mich zu allgemeinen und speziellen Themen der Fotografie äußern und Einblicke in meinen Fotografen-Alltag geben, dazu kommen sicher weiterhin gute Tipps – und auch zwei neue Projekte. Eines davon ist noch geheim, das andere aber werde ich hier und heute enthüllen. Weil es so schön zu meinem aktuellen Bild des Tages passt.
Ich mag dieses Foto der beiden Angler an der felsigen Küste Portugals. Der Bildaufbau strahlt die Ruhe aus, die zum Fischen nun mal gehört, der unscharfe Vordergrund gibt dem Bild die Tiefe, die es braucht, und das Wasser im Hintergrund sieht nach Atlantik aus und nicht nach Baggersee.
Seine Wirkung bezieht dieses Foto jedoch nicht nur aus der Komposition, sondern zu gleichen Teilen aus der anschließenden Bildbearbeitung. Jeder, der dieses Blog regelmäßig besucht, weiß, dass ich die Bildbearbeitung für einen gleichberechtigten Teil der fotografischen Arbeit halte. Weil ich aber auch weiß, dass das längst nicht jeder so sieht, werde ich nächstes Jahr ein Vorher-Nachher-Projekt beginnen und meine Bearbeitungen zur Diskussion stellen.
Es wird in diesem Projekt nicht täglich ein Bild zu sehen geben, aber wenn, dann sind jeweils drei Versionen desselben Motivs am Start: die unbearbeitete Raw-Datei, wie der Kamerasensor sie erzeugt; dann die jpg-Datei, die die Kamera intern herstellt; und zum Schluss ein weiteres jpg-Bild, das von mir mithilfe von Lightroom und Photoshop (meistens Lightroom) aus der Raw-Datei entwickelt worden ist.
Oft sind es nur kleine Schritte, die den Unterschied machen, aber diese Schritte muss man gehen, wenn man mit seiner Fotografie auch seine eigene Sicht auf die Welt zeigen will. Das hört sich vielleicht etwas pathetisch an, aber ich empfinde es so: Ein Bild, das ich mache, zeigt anderen, wie ich die Welt sehe – oder wenigstens diese eine Szene.
Das fängt bei der Komposition an – die Begrenzungen des Suchers sind für mich keine Einschränkung, ganz im Gegenteil. Die vier Kanten geben mir eine Form von Freiheit, denn sie sind mein Gestaltungsinstrument, und das ermöglicht mir eben, die Welt so zu sehen, wie ich es möchte. Objektiv und Sensor übersetzen meinen Blick in eine Bilddatei, aber ich will auch Einfluss darauf nehmen, wie sie das machen. Da das während des Fotografierens nur eingeschränkt geht (z.B. mit absichtlicher Unter- oder Überbelichtung), setze ich mich nachträglich an den Computer und mache mir die Welt so, wie sie mir gefällt – um es mal etwas flapsig zu sagen.
In diesem Fall habe ich z.B. die Farbe des Meeres geändert (es war grüngrau, jetzt ist mehr Blau dabei), die Schatten in den Steinen aufgehellt, den Gilb aus dem Geröll entfernt und die beiden Fischer deutlicher hervorgehoben.
Über die einzelnen Bearbeitungsschritte sage ich heute mal nichts, aber die sind ja auch nur das Mittel zum Zweck – entscheidend ist meine eigene Vorstellung von meinem Bild.
Das ist doch eigentlich ganz normal, oder?