
Wow, der Porsche gestern war ein echter Erfolg, vor allem über Facebook haben viele Menschen zu meinem Blog gefunden, vielen Dank dafür. Als eiskalter Internet-Klick-Optimierer sollte ich gleich noch einen Sportwagen zeigen, aber so bin ich ja nicht. Heute ist mal der öffentliche Nahverkehr dran, der hat auch seinen Reiz. Jedenfalls fotografisch.
Wenn ich es vermeiden kann, ignoriere ich die Angebote von Bus und Bahn, aber zum Fotografieren bin ich schon als Jugendlicher gern auf den Bahnhof gegangen. Schwarzweißfotos waren es damals, und wir haben sie in der Foto-AG der Schule selbst entwickelt. Dabei ließen sich im Labor einige Tricks mit den Negativen veranstalten, weshalb ich auch heute keine Hemmungen habe, die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung zu nutzen.
Hier ist eine Kombination aus Entsättigung und Kontrasterhöhung zu sehen, außerdem habe ich den Weißabgleich ein Stück Richtung warme Farben verschoben und die Farbe Blau extra gesättigt, um den Mann rechts stärker hervortreten zu lassen.
Er war mir schon die ganze Zeit aufgefallen, wie er ganz am Ende des Bahnsteigs am Geländer hockte, weitab von allen anderen Reisenden. Und als ich so fotografierte, bemerkte ich auch, warum er da saß: Er ist der Mann, der den Müll aus den Waggons entfernt, bevor die Bahn nach ca. fünfminütigem Halt in Königs Wusterhausen sich wieder Richtung Berlin aufmacht, auf einer Ost-West-Reise bis zum Bahnhof Westend.
Beim Fotografieren war es zunächst meine die Idee, die Länge des Zuges durch den Unschärfeverlauf und die leichte Krümmung des Gleises zum Thema zu machen. Aber erstens wirkten die Bilder ein wenig leer, und zweitens wollte ich nun auch den Putzmann (sagt man so?) im Bild haben. Irgendwann war er fertig und ging mit seinem Blaumann, seiner Plastiktüte und einem Müllgreifer wieder zu seinem Platz zurück. Ich wartete, bis er im Lichtstreifen zwischen zwei Waggons war und drückte ab.
Scharf ist der Mann jetzt nicht gerade, aber das stört mich nicht. Zum einen gibt es auf diese Weise keinen Ärger wegen der Persönlichkeitsrechte, zum anderen wäre der Rest des Bahnsteiges viel zu deutlich erkennbar, wenn ich auf den Putzmann fokussiert hätte.
So, wie es jetzt ist, hat das Bild allerdings zwei optische Zentren, nämlich einmal die scharfe Rückseite des S-Bahn-Zuges und zudem den satt blau leuchtenden Putzmann. So soll es nicht unbedingt sein in einem guten Bild, andererseits erkenne ich auch wieder ein Dreieck, das die beiden optischen Zentren miteinander verbindet: Es führt von der „01“ in der Scheibe des Zuges über die „2“ unterm Dach des Bahnsteiges zu unserem Mann.
Insofern funktioniert für mich auch dieses Foto, selbst wenn es gegen alle bekannten Regeln der Bildgestaltung verstößt – ganz ähnlich wie die Weitwinkelaufnahme mit den Segelbooten vor ein paar Tagen.
Aber wie neulich höre ich mir auch gern jede Widerrede an.