
Alles im Blick auf diesem Foto, dabei ist es nicht mal mit einem sogenannten Super-Weitwinkelobjektiv aufgenommen worden. Der Panorama-Eindruck entsteht im Wesentlichen durch zwei Tricks beim Fotografieren und Bearbeiten.
24 Millimeter Brennweite kamen hier zum Einsatz, damit ist das natürlich eine Weitwinkelaufnahme – aber wenn man bedenkt, welche extremen Bildwinkel mit anderen Objektiven abgebildet werden können, dann ist das Bild eigentlich eine ganz bescheidene Übersichtsaufnahme mit einer typischen Reportage-Brennweite. Das neue 11-24-Millimeter-Zoom von Canon etwa hätte hier mehr als das Doppelte an Landschaft zur Ansicht bringen können.
Der weite Eindruck in diesem Foto entsteht zum einen durch das gewählte Format: In der Bildbearbeitung habe ich aus dem klassischen Seitenverhältnis des Sensors (3:2) ein 16:9 gemacht. Dadurch verliere ich zwar Bildinformationen, da mein Foto jetzt nur noch 17,74 statt 21,02 Megapixel hat, aber ich gewinne Breitenwirkung.
Außerdem habe ich das Schifffahrts-Verkehrszeichen ganz links an den Rand gesetzt und nach einigen Testaufnahmen abgewartet, ob sich außer den beiden am Ufer vertäuten Segelbooten noch ein anderes Wasserfahrzeug zeigt. Das Schlauchboot fährt nun praktisch am rechten Rand aus dem Bild heraus. Da es nicht das Hauptmotiv ist, stört mich das nicht, statt dessen machen die beiden Details (großes Schild ganz links am Rand, kleines Boot ganz rechts) die Szene breiter.
Das Auge findet nun auch drei Punkte zum Wahrnehmen in diesem Foto, und das Gehirn macht sofort ein Dreieck daraus. Dagegen kann man sich gar nicht wehren, das geschieht eher unterbewusst, wird aber als positiv wahrgenommen. So nach dem Motto: Hey, das ist eine bekannte Struktur, das kenne ich, das finde ich gut.
Wenn einem beim Fotografieren also mal eine Art Dreieck durch den Sucher läuft, bitte sofort abdrücken. Und das Bild dann auch so bearbeiten, dass die drei Eckpunkte gut zu sehen sind. Hier habe ich Radialfilter um die Segelboote in der Mitte und das Verkehrsschild links gelegt, um sie etwas zu betonen. Das Schild selbst hatte ich im Übrigen bei der Aufnahme schon angeblitzt, damit es gut zur Geltung kommt, später habe ich hier noch die Rot-Sättigung erhöht. Das kleine Boot rechts habe ich in Frieden gelassen, dafür ist die Blau-Sättigung des Himmels leicht angehoben, und bei den Blättern habe ich die Bemühungen des Kamerasensors um Durchzeichnung leicht konterkariert, indem ich zwar die Tiefen aufgehellt, aber die Schwarztöne abgesenkt habe – damit der Blick des Betrachters sich nicht im nichtssagenden Laub verliert, sondern sofort die Weite des Bildes und das Dreieck wahrnimmt.
Ich hoffe, das ist auch gelungen, bevor Sie lesend hier angekommen sind.
Ein Kommentar zu „Der weite Winkel“