
Ich werde hier keinen Smartphone-Fotografen zum Spiegelreflex-Fan umprogrammieren. Aber ich wollte anlässlich der Vorstellung des iPhone 7 doch noch einmal etwas Echtes zeigen, das man vielleicht zukünftig immer seltener sehen wird.
Es geht um die Freistellung des Motivs, den sahnigen Schärfeverlauf (besser: Unschärfeverlauf), das schöne Bokeh – wie immer man es nennt, wichtig ist, dass es allein mit optischen Mitteln entsteht, mit dem Zusammenwirken einiger Faktoren, darunter hoher Lichtstärke und großer Sensorfläche. Smartphone-Fotos konnte man dagegen bislang immer ganz gut daran erkennen, dass es ihnen an der begehrten Unschärfe im Hintergrund und/oder Vordergrund mangelt. Zwar sind die Objektive recht lichtstark (mein iPhone 5S fotografiert mit Blende 2.2, das iPhone 7 sogar mit Blende 1.8), aber der winzig kleine Sensor macht die Bemühungen der weit offenen Blende um eine knappe Tiefenschärfe gleich wieder zunichte. (Wie sich das genau verhält, habe ich schon in einem früheren Blogbeitrag erklärt.)
Darum gibt es für das iPhone 7 (und wahrscheinlich auch für andere moderne Smartphones) eine Software, die Vorder-und Hintergrund in Unschärfe versinken lässt. Ich hatte so etwas befürchtet, und ich befürchte auch jetzt noch, dass diese künstliche Unschärfe sogar gut aussehen könnte.
Ich gebe trotzdem weiter mein Geld aus für kiloschwere Objektive. Das Bild hier ist mit 27 Millimeter Brennweite und Blende 2.0 entstanden, was der Lichtstärke und dem Bildausschnitt meines iPhones fast exakt entspricht. Eine so enorme Hintergrund-Unschärfe wäre mit dem Handy aber im Leben nicht möglich, die müsste man sich dann von der Software berechnen lassen.
Natürlich kann man auch die Frage stellen, ob so viel Unschärfe wie in meinem heutigen Foto erwünscht ist. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an. Darauf nämlich, was man zeigen will. Hier ist der Hintergrund trotz Unschärfe klar erkennbar, die Wäscheleine geht eben einfach weiter. Insofern muss der Hintergrund nicht unbedingt mehr Schärfe erhalten. Falls doch (man kann ja abblenden), so zieht halt die Klammer nicht mehr so stark die Blicke auf sich.
Ich gebe allerdings zu, dass ich mit diesem Foto noch etwas ganz anderes zeigen wollte: Ich wollte ein bisschen angeben mit meinem neuen Weitwinkel-Zoom. Im Ernst: ich freue mich so über dieses schöne Stück, weil es dank seiner hohen Lichtstärke (2.0) die selektive Schärfe eines Teleobjektivs mit einem großen Bildausschnitt kombiniert. Die Klammer hätte ich mit meinem 100-Millimeter-Makro oder mit dem 70-200-Telezoom auch so schön freistellen können – aber es wäre nie die ganze Wäscheleine auf dem Foto gewesen.
So ist mir durch das neue Objektiv eine neue Art zu fotografieren möglich, und die probiere ich jetzt halt aus. Und ich freue mich schon auf die nächste Porträtsession, da werde ich die neue Weitwinkel-Optik auch einsetzen. Ich weiß, Weitwinkel-Porträts können auch unvorteilhaft aussehen, aber dazu kann ich nur drei Sätze sagen. 1.) Wer es nicht probiert, wird es nie erfahren. 2.) Das Objektiv verzerrt recht wenig, das macht mir Mut. 3.) Misslungene Fotos werden nicht gezeigt, die Regel bleibt grundsätzlich in Kraft, unabhängig von der verwendeten Technik oder den Umständen – ein Fotograf zeigt nur Bilder, die er selbst gut findet.
P.S.: Ich hatte schon mal die Wäscheleine im Projekt 366, auch mit großer Blende (2.8) , aber mit 100 Millimeter Brennweite fotografiert. Der Unterschied ist schon deutlich.
Schön gemacht….Was für eine Linsenkombi ist das denn? WW- Zoom ist schon schick!
Wir haben uns mal auf der MS Olympia gesehen bei deiner Arbeit mit Kai.
LG pit aus Zeuthen
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Hi, Pit, ich erinnere mich. Danke für den Kommentar, das Objektiv ist ziemlich exotisch: 24-35mm, Lichtstärke 2.0, von Sigma aus der Art-Serie. Der Zoombereich ist nicht sehr groß, aber 24 und 35 mm sind erstens unterschiedlicher, als man denkt, und zweitens sind es die typischen Reportage-Brennweiten. Und dafür soll es dann auch hauptsächlich sein. Schönen Abend!
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