Die Schönheit der Wintersonne


Landschaft, Winter, Bäume
Märkische Winterlandschaft im Gegenlicht, Münchehofe/D                    ©Stefan Anker

Es ist mal wieder an der Zeit, die Möglichkeiten der elektronischen Bildbearbeitung zu preisen. Mögen mir alte Foto-Hasen ins Wort fallen, aber ich glaube, dass eine solche Landschaftsaufnahme, wie ich sie heute hier zeige, noch vor zehn Jahren gar nicht möglich gewesen wäre.

Vielleicht fange ich damit an, was ich hier gesehen habe. Ich fuhr heute Morgen von Osten her hinein nach Berlin, und da bemerkte ich genau das, was man auf dem Foto erkennen kann: eine strahlende Wintersonne, Raureif auf den längst abgeernteten Feldern, ein paar kahle Bäume dazu.

Ich hielt an, nahm mein 70-200-Millimeter-Objektiv (ich liebe Landschaftsaufnahmen mit Tele-Brennweiten) und fotografierte direkt in die Sonne. Das Ergebnis der automatischen Belichtung war eine angenehm helle Landschaft mit grotesk überstrahlter Sonne. Kann man machen, muss man aber nicht.

Ich wollte die Sonne auf dem Foto so sehen, wie ich sie (mit zusammengekniffenen Augen) auch in Wirklichkeit sehen konnte: als gelben Kreis, der seine Strahlen zur Erde schickt. Darum habe ich mit Unterbelichtungen experimentiert und mit geschlossenen Blenden. Denn nur bei einer Blende, die nicht viel Licht durchlässt (wie das zusammengekniffene Auge), zeigen sich die Strahlen rund um eine Lichtquelle. Und nur bei starker Unterbelichtung (ich hatte am Ende 1/640 Sekunde bei ISO 100 und Blende 22) kann man die Sonne als definierten Kreis erkennen.

Aber wie sieht wohl die Landschaft aus, wenn die Sonne passt? Fast wie ein Schattenriss. Gut, dass ich eine Raw-Datei fotografiert habe, die in der Behandlung mit einem Raw-Konverter zu ungeahnter Schönheit aufblühen kann.

Raw-Konverter? Das ist die eigentliche Gattungsbezeichnung von Programmen wie Adobe Lightroom, Adobe Camera Raw (Bestandteil von Adobe Photoshop) oder auch Capture One von PhaseOne. Die meisten arbeiten mit Lightroom, weil es gleichzeitig eine mächtige Bildverwaltung ist und ein paar nette Bildbearbeitungsfunktionen mitbringt, aber eigentlich ist es dazu da, Raw-Dateien zu entwickeln, also – wenn man so will – aus einem hässlichen kleinen Entlein einen schönen Schwan zu machen.

Die Raw-Datei meines Bildes war zum Beispiel gelblich-bräunlich im Grundton, darum habe ich erst einmal den Weißabgleich so weit Richtung Blau verschoben, dass man dem Himmel auch seine natürliche Färbung wieder ansah. Da man in Lightroom einzelne Farben modifizieren kann, habe ich zudem die Blausättigung angehoben und das blau insgesamt etwas dunkler gemacht.

Dann kam die Aufhellung des gesamten Bildes dran. Zunächst über die Gradationskurve, hier widme ich mich meistens den hellen und den dunklen Mitteltönen gleichermaßen. Diesmal habe ich sie jeweils noch stärker aufgehellt als sonst. Eine Abdunklung der Tiefen sowie eine Erhöhung des Gesamtkontrastes verhindert, dass das Foto zu matt und konturlos wirkt. Danach habe ich die Gesamthelligkeit noch um eine halbe Blendenstufe angehoben.

Das allein hat es aber noch nicht gebracht. Erst der Einsatz eines Verlaufsfilters von unten nach oben gab dem Bild seine eigentliche Wirkung. Ich habe nämlich im Verlaufsfilter die Helligkeit um 1,5 Blendenstufen angehoben, und erst diese Maßnahme machte den Ackerboden wirklich sichtbar.

Und weil ich schon dabei war, habe ich noch einen zweiten Verlaufsfilter in entgegengesetzter Richtung genutzt. Damit habe ich dem Himmel einen Teil seiner hellen Mitteltöne entzogen, was das Blau noch etwas satter gemacht hat.

Insgesamt wirkt das Bild auf mich zwar etwas künstlich, aber vor allem die Aufhellung des Bodens gibt ihm aus meiner Sicht die Wirkung, dass man etwas länger hinschaut – weil normalerweise Gegenlichtaufnahmen anders aussehen.

Etwas verstörend könnten auf den einen oder anderen Betrachter die unscharfen Strahlen der Sonne wirken, meine Frau hat auch gleich gesagt, das ganze Bild sei ja irgendwie unscharf. Na ja, das ist es nicht. Ich habe auf die Bäume fokussiert und Blende 22 genutzt, das Bild ist von ganz vorn bis hoch zu den Cirruswolken am Himmel knackscharf. Auch die Scheibe der Sonne ist klar umrissen.

Dass die Strahlen nicht scharf sind, hat mich anfangs auch gewundert. Denn wenn man direkt gegen Laternen oder Autoscheinwerfer fotografiert, sind die Strahlen geradezu laser-artig gebündelt, und das klappt oft auch schon ab Blende 8.

Die relative Unschärfe der Sonnenstrahlen erkläre ich mir mit der Größe der Lichtquelle, ich nehme da aber auch gern anders lautende Hinweise entgegen.

Persönlicher Kontakt: 0171/8323 565
mail@stefananker.com

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