
Wer, wie, was? Als ich diese Fassade entdeckte, fiel mir ein typischer Sendebeitrag der Sesamstraße aus meinen Kindertagen ein: „Eins von diesen Dingen ist nicht wie das andere“ – so hieß das damals (Heute auch? Ich gucke ja nicht mehr.) Ein wiederkehrender Song war das, der sich immer mit einer Kombination aus drei gleichen Teilen und einem vierten, nicht dazu passenden beschäftigte. Also drei Kugeln und ein Würfel. Oder dreimal rot und einmal gelb. Drei Tiere und eine Blume. Was Vorschulkinder eben auch verstehen. Aber ich finde ja, im Einfachen liegt die Kraft, und das alte Kinderlied hat mir geholfen, ein wichtiges Thema in der Fotografie herauszuarbeiten.
Es geht um Strukturen. Linien, Flächen, Formen, wie immer man Struktur definiert – und ich finde, das Konzentrieren auf eine Struktur funktioniert auch, wenn mal ein Teil eben dieser Struktur kurzfristig ausfällt. Vier Hotelzimmer sind hier zu sehen, fotografiert übrigens mit dem Teleobjektiv von der anderen Seite des Hotels aus, und drei davon haben die Vorhänge offen, das Zimmerlicht und die Balkonbeleuchtung eingeschaltet, während das vierte dunkel bleibt.
Das ist jetzt nichts Weltbewegendes, aber auf so etwas kann man ruhig mal achten, wenn man eine Fassade ansieht. Dieses Bild hier dokumentiert zwar nicht, um welches Gebäude es sich handelt, wie groß es ist, oder wo es steht. Tatsächlich könnte das Foto überall aufgenommen sein, aber das stört mich in diesem Fall gar nicht. Denn hier ist wie so häufig das Detail fotografisch viel interessanter als das Ganze.
Ich behaupte: Wer dieses Bild ansieht, stutzt ein bisschen, sieht vielleicht auch ein zweites mal hin – einfach weil die leicht erkennbare Struktur sich nicht so fortsetzt, wie man es erwartet.
Wobei ich einschränkend sagen muss, dass das Bild nur dann wirklich funktioniert, wenn das dunkle Fenster unten rechts auch als solches zu erkennen ist. Das Foto hier darf also gern auch als Displaytest verstanden werden: Wer unten rechts nur schwarze Fläche sieht, der hat definitiv ein Problem mit seinem Monitor. Vielleicht kann man das mit dem Helligkeitsregler aus der Welt schaffen – wenn nicht, sitzt das Problem tiefer. Oder ich habe das Foto falsch bearbeitet, das ist sicher die bequemste Erkläürung.
Allerdings kann ich mich in den letzten zwei Jahren nur an eine technische Kritik an meinen Bildern erinnern, und den Kunden waren damals die Fotos zu hell. Normalerweise sehen immer alle das darauf, was ich auch sehe.
Die dunkle Bearbeitung ist hier übrigens nicht nur Absicht, um den Unterschied zwischen den erleuchteten Fenstern und dem offenbar unbewohnten Zimmer herauszuarbeiten, ich habe das Ganze auch bei Nacht fotografiert.
Und bevor jemand denkt, das Hotel verstöre seine Gäste mit lila Außenbeleuchtung und blauen Zimmerlampen – ich habe mir die Freiheit genommen, den Weißabgleich bis zum Anschlag Richtung blau/kühl zu schieben. Einfach weil mir das am Ende besser gefiel, als das warme Goldgelb des Originalbildes.
Aber hier geht es ja nicht um den dokumentarischen Wert, sondern um eine optische Struktur, und um diesen Umstand zu betonen, kann man sich auch mal aus der natürlichen Farbgebung flüchten.
P.S.: Den Experten fällt es vielleicht auf – ich habe das Format 4:3 benutzt, was selten vorkommt, in meinem Projekt 366 bislang nur ein einziges Mal (die gängigeren Formate sind bei mir 3:2 quer, 2:3 hoch, 1:1 und 16:9 quer). Aber für ein Quadrat standen die Fenster seitlich zu weit auseinander, und bei allen anderen Formaten störten angeschnittene Ecken weiterer Fenster. Also musste das gute alte 4:3 aus der Zeit der Röhrenfernseher her. Warum nicht?